02.11.2024

Freiheit bewahren, Abhängigkeit bekämpfen

Jeder Mensch, der durch Suchtverhalten gebunden ist, verliert einen Teil seiner Selbstbestimmung. Daher liegt es in der Verantwortung der liberalen Kräfte, diese Menschen vor den Gefahren der Sucht zu schützen und ihnen den Weg zurück zu einem selbstbestimmten, verantwortungsvollen Leben zu ebnen.

Die Suchtproblematik in Deutschland manifestiert sich in alarmierenden Dimensionen, die dringenden Handlungsbedarf erfordern. Der Epidemiologische Suchtsurvey 2021 zeigt auf, dass etwa 11,6 Millionen Menschen regelmäßig rauchen, während 1,6 Millionen Personen an Alkoholabhängigkeit leiden. Schätzungsweise rund 2,9 Millionen Menschen weisen einen problematischen Konsum von Medikamenten auf, und etwa 1,3 Millionen Personen zeigen ein riskantes Konsumverhalten in Bezug auf Cannabis und andere illegale Substanzen. Diese besorgniserregenden Entwicklungen machen deutlich, dass der Schutz und die Unterstützung von Betroffenen nicht länger aufgeschoben werden können.

Als Junge Liberalen sind wir überzeugt, dass eine erfolgreiche Suchtprävention durch die Förderung von Eigenverantwortung und frühzeitiger Aufklärung erreicht wird. Nur durch eine Kombination aus Aufklärung und Unterstützung bei gleichzeitigen Schutzvorkehrungen können wir die Herausforderungen der Suchtproblematik nachhaltig angehen und betroffenen Menschen eine Perspektive bieten.

Vor diesem Hintergrund wollen wir eine liberale und evidenzbasierte Suchtpräventionspolitik etablieren. Diese strategische Neuausrichtung zielt darauf ab, das Recht des Einzelnen auf selbstbestimmtes Handeln zu respektieren und gleichzeitig besonders vulnerable Gruppen zu schützen. Ein zentrales Anliegen besteht darin, betroffenen Personen den Zugang zu Hilfsangeboten zu erleichtern, um ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, ein langfristig unabhängiges und selbstbestimmtes Leben zu führen.

Folglich fordern wir Jungen Liberalen Niedersachsen:

1. Regulierung und Kennzeichnung von Produkten

Implementierung von Nudging-Maßnahmen

Die psychologische Forschung hat bereits frühzeitig nachgewiesen, dass die Art der Reizpräsentation, ob visuell auffällig oder unauffällig, einen entscheidenden Einfluss auf die Lenkung der Aufmerksamkeit und somit auf die Wahrnehmung des Reizes hat. [1] Insbesondere im Kontext von Konsumentscheidungen ist gut belegt, dass die Salienz eines Produkts maßgeblich dazu beiträgt, die Aufmerksamkeit zu steuern und impulsives Verhalten zu fördern, was vor allem bei suchtfördernden Produkten eine besondere Rolle spielt. Auffällige Verpackungen oder die strategische Platzierung an prominenten Stellen im Einzelhandel können bei gefährdeten Personengruppen zu unreflektierten, impulsiven Kaufentscheidungen führen.

Die Nudge-Theorie [2] untermauert die Annahme, dass durch gezielte, subtile Modifikationen in der Umgebung – sogenannte Nudges – Verhaltensänderungen herbeigeführt werden können, ohne dabei die Autonomie der Entscheidungsträger einzuschränken. Durch die Einführung von Nudging-Maßnahmen nach niederländischem Vorbild, wie weniger ansprechenden Verpackungen und einer unauffälligen Produktplatzierung, soll der Einstieg in den Konsum solcher Produkte erschwert und die öffentliche Wahrnehmung dieser gesundheitsgefährdenden Substanzen gezielt reduziert werden.

Strengere Werbevorschriften für suchtfördernde Produkte, insbesondere im Internet

Die Werbewirkung auf den Konsum von suchtfördernden Produkten ist gut dokumentiert und stellt ein erhebliches Risiko, insbesondere für vulnerable Gruppen wie Jugendliche dar. Werbung für ungesunde Produkte, insbesondere an Kinder und Jugendliche, hat einen signifikanten Einfluss auf deren Konsumverhalten. [3] Besonders werden Jugendliche dabei durch Alkoholwerbung beeinflusst, was die Notwendigkeit regulierter Werbebestimmungen unterstreicht. [4]

Vor diesem Hintergrund sind strengere Werbevorschriften für suchtfördernde Produkte unerlässlich, um den Zugang zu diesen Produkten zu kontrollieren und deren Konsum in der Bevölkerung zu reduzieren. Die WHO empfiehlt bereits, die Vermarktung ungesunder Lebensmittel und Getränke an Kinder zu regulieren, um deren Gesundheit zu schützen. Entsprechend plädiert der Bericht des US National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism (NIAAA) dafür, dass Jugendliche durch Alkoholwerbung stark beeinflusst werden und somit ein klarer Bedarf für Werbebeschränkungen besteht, um den Einfluss solcher Werbung auf junge und gefährdete Menschen zu minimieren und einen verantwortungsbewussteren Konsum von suchtfördernden Produkten zu ermöglichen.

Deutliche Gefahrenhinweise auf allen suchtfördernden Produkten

Klare und verständliche Warnhinweise auf Produkten, die gesundheitliche Risiken bergen, sind entscheidend für die Wahrnehmung und das Verhalten der Konsumenten. Studien zeigen, dass die Sichtbarkeit und Verständlichkeit von Gefahrenhinweisen einen direkten Einfluss auf das Konsumverhalten hat. [5] Die Einführung von effektiven Warnhinweisen kann dazu beitragen, die Risiken des Konsums von Alkohol, Tabak und anderen suchtfördernden Produkten deutlich zu kommunizieren und somit informierte Entscheidungen der Verbraucher zu fördern.

Deutliche Warnungen verringern die Wahrscheinlichkeit bei Konsumenten, zu jenen Produkten zu greifen; Produkte mit auffälligen Warnhinweisen erscheinen signifikant weniger attraktiv für Konsumenten. [6] Im Zusammenhang mit der Regulierung von Zigarettenverpackungen betont die WHO, dass standardisierte Verpackungen und klar sichtbare Warnhinweise effektive Maßnahmen sind, um den Tabakkonsum zu reduzieren und das Bewusstsein für die damit verbundenen Risiken zu schärfen.

Verlagerung alkoholischer Getränke in ein separates, aufmerksamkeitsarmes Supermarktabteil

Die räumliche Gestaltung und Präsentation von Produkten in Verkaufsräumen hat nachweislich einen signifikanten Einfluss auf das Kaufverhalten der Konsumenten. Studien belegen, dass die Platzierung von alkoholischen Getränken an prominenten Stellen in Supermärkten das Impulsverhalten von Käufern verstärken kann, insbesondere bei vulnerablen Gruppen wie Jugendlichen und Personen mit Suchterfahrungen. [7] Gerade die Platzierung alkoholischer Getränke im Kassenbereich von Supermärkten fördert dabei das Impulsverhalten der Verbraucher erheblich. Produkte in der Nähe der Kasse, insbesondere solche, die mit Genuss und Geselligkeit assoziiert sind, werden oft impulsiv gekauft, da sie während des Wartens auf die Bezahlung visuell präsent sind. [8] Diese Platzierung erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Konsumenten alkoholische Getränke spontan erwerben. Durch die Verlagerung alkoholischer Getränke vom Kassenbereich in separate, weniger auffällige Abteilungen kann der Zugang zu diesen Produkten und der unüberlegte Kauf reduziert werden.

2. Prävention, Beratung und Hilfen

Ausbau von Aufklärungskampagnen zur Suchtprävention und gesellschaftlichen Entstigmatisierung von Suchterkrankungen

Laut der WHO spielt die Entstigmatisierung eine zentrale Rolle im erfolgreichen Umgang mit Sucht, da Stigmatisierung oft der Grund ist, warum Betroffene keine Hilfe suchen. [11] Durch gezielt direkte und offene Kommunikationsstrategien mit Aufklärungsmaßnahmen können wir die gesellschaftliche Wahrnehmung von Suchtverhalten verändern und Betroffenen helfen, den Mut zu finden, Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Dies sollte sich vor allem zur Resilienzförderung im Schulcurriculum wiederfinden.

Ausbau niedrigschwelliger Beratungs- und Hilfsangebote für Suchtbetroffene

Ein entscheidender Aspekt der Suchtprävention ist die Bereitstellung niedrigschwelliger Beratungs- und Hilfsangebote für Suchtbetroffene. Eine Barrierefreiheit in der Versorgung ist dabei entscheidend für den Erfolg von Interventionsmaßnahmen. [12] Durch den Ausbau solcher Angebote, die in vertrauten Umgebungen und in flexiblen Formaten angeboten werden, kann der Zugang zu notwendiger Unterstützung signifikant erleichtert werden. Dies könnte durch die Schaffung von mobilen BeratungsdienstenOnline-Plattformen und regelmäßigen Informationsveranstaltungen in Gemeinden ergänzt werden. Ziel ist es, eine Anlaufstelle zu bieten, die den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen Rechnung trägt und so eine frühzeitige Intervention fördert.

Strikte Durchsetzung des Jugendschutzes bei E-Zigaretten und Vaping-Produkten

Jugendliche, die E-Zigaretten konsumieren, haben ein erhöhtes Risiko, später auf traditionelle Tabakprodukte zurückzugreifen. [13] Daher ist eine striktere Durchsetzung des Jugendschutzes unabdingbar, um den Zugang von Minderjährigen zu diesen Produkten zu verhindern. Klare rechtliche Regelungen sollten eingeführt werden, die nicht nur den Verkauf an Minderjährige verbieten, sondern auch die Werbung für E-Zigaretten in Jugendkanälen unterbinden und den Verkauf in unmittelbarer Nähe zu schulischen Einrichtungen zu beschränken. [14] Eine solche Regulierung trägt dazu bei, das Risiko von Suchtverhalten in der frühen Lebensphase zu minimieren und die gesundheitliche Zukunft Jugendlicher zu sichern.

Sunset-Klausel: 5 Jahre

Fußnoten:

[1] vgl. u.a. James, 1890; Broadbent, 1958

[2] Thaler & Sunstein, 2008

[3] vgl. Hastings et al., 2005

[4] vgl. Snyder et al., 2004

[5] vgl. Hagger et al., 2011; O’Hara et al., 2017

[6] vgl. Borland et al., 2009

[7] vgl. Doyon et al., 2015; Saffer et al., 2013

[8] vgl. Kahn & Wansink, 2004

[9] vgl. Scarborough et al., 2016

[10] vgl. Stuckler et al., 2012

[11] vgl. WHO, 2017

[12] vgl. McHugh et al., 2013

[13] vgl. Leventhal et al., 2015

[14] vgl. Henrickson et al., 2010

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