23.03.2025

FDP fit for 2030: Alles lässt sich ändern

Alles lässt sich ändern. Diesem Anspruch, den wir an das Land und seine Politik stellen, müssen auch wir als Partei auf Landes- und Bundesebene gerecht werden. 

Der organisierte Liberalismus in Deutschland befindet sich am Scheideweg. 2017 als moderne Partei der Aufbruchsstimmung neu gestartet, erfolgt jetzt die Bruchlandung. 2021 als Bürgerrechtspartei während der Corona-Pandemie mit einem ganzheitlich liberalen Profil zur Regierungsbeteiligung beauftragt, folgt bei der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 mit 4,33 Prozent das schlechteste Ergebnis der Parteigeschichte und ein klares Wählervotum gegen eine FDP, der in keinem relevanten Politikfeld Kompetenz und Vertrauen zugestanden wird.

Wie bereits 2013 bedarf es daher einer ausführlichen und ehrlichen Fehleranalyse sowie personeller, struktureller und kommunikativer Konsequenzen. Im Fokus stehen das Regierungshandeln der FDP in der „Fortschrittskoalition“ und der Bundestagswahlkampf 2025. Doch die Krise reicht tiefer: Die katastrophalen Ergebnisse bei Landtagswahlen – bei denen SPD/Grüne immerhin einzelne (Achtungs-)Erfolge feiern konnten und vor allem die FDP stets heftige Pleiten erlebt hat – zeigen, dass der Liberalismus insgesamt unter Druck steht. Die Jahre 2024/25 sind nicht der Ursprung, sondern der Höhepunkt einer jahrelangen Fehlerkette.Einzelne Fehlentscheidungen, die im politischen Tagesgeschäft oft unbemerkt blieben, haben sich zu einer Dynamik entwickelt, die die FDP aus dem Bundestag gefegt hat. 

Doch anders als 2013 haben wir dieses Mal ein Grundgerüst zur Orientierung: unser Leitbild.Wir können und sollten auf dieses Leitbild aus der Zeit der ersten außerparlamentarischen Opposition aufbauen. Die FDP muss zu diesem Leitbild und einem überzeugend liberalen, seriösen und lösungsorientierten Auftreten zurückfinden. Nur so können wir wieder als die Partei wahrgenommen werden, die wir unserem eigenen Anspruch nach sein wollen: Eine Partei, die für Eigenverantwortung, Zukunftsoptimismus und das Versprechen einer besseren Zukunft steht. 

Erforderlich ist hierfür eine kollektive Kraftanstrengung. Gelingt uns diese nicht, könnte im Jahr 2029 der vollständige Schiffbruch des organisierten Liberalismus in Deutschland drohen. Ein Szenario, welches wir nicht hinnehmen wollen. Ein Szenario, welches wir nicht hinnehmen dürfen. Aus Liebe für die Freiheit.

Die Zeit ist jetzt gekommen, um die FDP aus dem politischen Abseits zurück in die Mitte aller deutschen Parlamente zu führen.

I. Zustandsbeschreibung des organisierten politischen Liberalismus in Deutschland 2025

Der Abend des 23. Februars 2025 markiert eine Zäsur für den organisierten politischen Liberalismus in Deutschland. Nach 2013 wird die FDP zum zweiten Mal innerhalb von 12 Jahren nicht Teil des deutschen Bundestags sein und in die Außerparlamentarische Opposition abstürzen. An ihrer Stelle ziehen mit der AfD und der Linken die äußersten politischen Pole mit riesigen Kursgewinnen erneut ins Parlament und errichten einen noch nie dagewesenen Zustand einer fundamental oppositionellen Sperrminorität, der zum größten Sicherheitsrisiko für Deutschland seit dem Ende des Kalten Kriegs werden könnte. CDU/CSU und SPD sind zum Regieren verdammt, die Grünen die einzige demokratische Oppositionspartei im Bundestag. Politische Visionen? Fehlanzeige. Freiheitlich-Demokratische Korrektive? Nicht vorhanden. Die Zukunft? Auf Messers Schneide.

Nach dem Wiedereinzug der FDP in den Bundestag 2017 mit zweistelligem Ergebnis und bisweilen erfolgreichen Landtagswahlen bis zur Bundestagswahl 2021 konnte die FDP im Folgenden kein ausreichend großes Wählermilieu dauerhaft an sich binden, sodass ab dem Zeitpunkt der Regierungsbeteiligung in der Ampelkoalition auf Bundesebene alle Landtagswahlen – nahezu (bis auf die Bremer Bürgerschaftswahl 2023 mit +0,3%) – ausnahmslos mit substantiellen, im Falle vom Saarland, Niedersachsen, Berlin, Bayern, Sachsen, Brandenburg und Thüringen  vernichtenden Verlusten verbunden waren. Die FDP ist nach der verlorenen Bundestagswahl 2025 noch in acht Landesparlamenten vertreten und an zwei Landesregierungen beteiligt. 2026 werden in vier dieser acht Bundesländern gewählt, darunter Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt, eben jene beiden letzten Länder mit FDP-Landesregierungen. Die FDP als relevante politische Kraft steht vor dem Aus.

Uns schmerzt besonders das desaströse Wahlergebnis unter den Jung- und Erstwählern sowie die dramatische Verschlechterung bei der Junior- und U18-Bundestagswahl. Es scheint, als ob es die Jugend aus verschiedensten Gründen – politische Hoffnungslosigkeit, Abstiegsängste, TikTok-Erfolge einzelner Mitbewerber – nahezu unaufhaltsam zu den Rändern zieht. Neben den seit Jahren schockierenden Zustimmungswerten zum Rechtsextremismus fühlte sich bei dieser Wahl ein erheblicher Anteil junger Menschen von linken Ideen angezogen. Wer fehlt: Junge Menschen, für die die Freiheit das höchste Gut ist. Junge Menschen, die aus Überzeugung liberale Werte teilen und für sie einstehen. Entsetzt müssen wir feststellen: Der Liberalismus ist unter jungen Menschen schlicht nicht mehr im Trend.

Der Ernst der Lage gebietet es nun, alle freiheitsliebenden Menschen Deutschlands in der Mitte der Gesellschaft zu versammeln, um gemeinsam eine starke liberale Stimme zu formen, die sich wieder als Konstante im politischen Diskurs festigt.  Richtungsstreitigkeiten oder Profilierungsversuche in die eine oder andere Richtung zur künftigen Positionierungen einer liberalen Partei sind aus diesem Grund unangebracht. Als Grundpfeiler der Freien Demokraten war seit jeher der ganzheitliche Liberalismus die oberste Maxime. Ideologische Verzwergung ist keine Option.

II. Erste Fehleranalyse des organisierten politischen Liberalismus in den letzten Jahren

Aus Sicht der JuLis Niedersachsen waren insbesondere – aber nicht ausschließlich – folgende Entscheidungen entscheidend für die Fehlentwicklung der FDP in den letzten Jahren:

a) Zielgruppen-Verengung

In den letzten Jahren verfestigte sich der Eindruck der FDP als Klientelpartei, die ihre Ansprache nur an bestimmte Bevölkerungsgruppen richtet und gar nicht von einer breiten Bevölkerungsschicht gewählt werden möchte. Insbesondere folgende Personengruppen wurden zuletzt zu häufig außer Acht gelassen:

  • Frauen: Die FDP schneidet bei Frauen schlechter ab, was inhaltlich und personell begründet ist. Inhaltlich durch ambivalente Positionen zu Themen wie § 218 StGB, Gleichberechtigung, insb. dem Selbstbestimmungsgesetz, Abgrenzung gegenüber der AfD (für ein patriarchalisches Gesellschaftsbild steht). Personell, weil – bis auf eine aus der Bundespolitik ausgeschiedene Strack-Zimmermann und die  ehemalige Ministerin unscheinbare Stark-Watzinger – kaum Frauen in Spitzenpositionen vertreten sind. Dass die Partei sich hier nicht besser positionieren konnte, ist ein Armutszeugnis für politisch liberale Menschen und fatal für ihre Wahlergebnisse, nicht zuletzt, weil Frauen die Hälfte der Wahlberechtigten stellen. 
  • Ostdeutsche: Auch das wiederholt unterdurchschnittliche Ergebnis in den neuen Ländern lässt auf grundlegende Defizite schließen. Diese haben ihren Ursprung nicht nur, aber auch in geringer personeller Widerspiegelung der Zielgruppe und inhaltlicher Vernachlässigung derselben. 
  • Junge Menschen: Junge Menschen – eine Gruppe, die tendenziell eher liberal und weltoffen ist – konnten wir, trotz des für deutsche Verhältnisse jungen Personals, nicht von der FDP überzeugen. Die Entwicklung allein sozialen Medien zuzuschreiben, greift zu kurz, auch wenn die FDP dort zielgruppenorientierter auftreten sollte. Entscheidend ist, dass ihre Inhalte nicht die Lebensrealität junger Menschen widerspiegeln. Viele erkennen die Risiken hoher Schulden, doch ein starrer Fokus auf die Schuldenbremse überzeugt kaum, wenn Schulen und Universitäten marode sind. Das diesbezügliche FDP-Kernthema des  “Aufstiegsversprechens” war im Zuge der letzten Bundestagswahl, anders als noch 2021, nahezu nicht präsent.
  • Moderne, aufstiegsorientierte Bürger:innen: Nicht zuletzt hat es die FDP verpasst, die wachsende Gruppe der modernen, aufstiegsorientierten und international orientierten Menschen, welche meistens in den urbanen Zentren aufzufinden sind, anzusprechen. Stattdessen hat sich die FDP auf ein im Verhältnis zur deutschen Bevölkerung altes, konservatives, gefestig besserverdienendes, staats- und – vermutlich noch schädlicher – europaskeptisches Klientel eingestellt.

Seit 2017 hätte die Partei all diese Gruppen als Wähler gewinnen können. Doch statt ein  inhaltliches Minimum bei Gleichberechtigung, internationaler Zusammenarbeit, Umweltbewusstsein, sozialem Frieden und  europäischer Ausrichtung zu etablieren, passte die FDP ihr inhaltliches Profil der Verengung der Zielgruppen an und trat einem Überbietungswettbewerb bei, in dem die Beschlusslage kaum noch berücksichtigt wurde.

b) Inhaltliche Verengung

Dass die FDP – selbst über die erwähnten “Krisen-Milieus” hinaus – zunehmend als konturlos und monothematisch (“Die FDP als Partei der Schuldenbremse”) wahrgenommen wird, ist einer generellen inhaltlichen Verengung geschuldet. Diese liegt unter anderem, aber nicht nur, in folgenden Themen begründet:

  • Umwelt- und Klimaschutz: Der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist eine fundamentale Aufgabe unserer Zeit, und gleichzeitig eine, bei der die Liberalen historisch bereits unter dem ersten Umweltminister Hans-Dietrich Genscher eine entscheidende Rolle spielten. Insbesondere bei der Bekämpfung des Klimawandels bieten die Freien Demokraten mit einem strikten, umfassenden und möglichst globalen Emissionshandel eine überlegene und vielversprechende Lösung. Dessen Glaubwürdigkeit wird jedoch in Frage gestellt, wenn die FDP nicht mehr über ihn spricht, sondern nur noch über Abschwächungen bisheriger Umwelt- und Klimaschutzregulierung. Positionen wie eine Angleichung des deutschen Klimaziels 2045 an das EU-Ziel 2050 oder die Abschaffung des Umweltbundesamtes sind zwar nachvollziehbar und folgen einer antibürokratischen Begründung. Gleichzeitig erwecken diese den Eindruck, für die FDP sei Klimaschutz lästig und sie wolle diesen nur abschwächen, wenn nicht im Gegenzug auch über unsere alternativen Lösungsvorschläge für einen effektiveren Klimaschutz gesprochen wird.
  • Wirtschaftspolitik: Die politische Ausrichtung konzentrierte sich zunehmend auf gefestigte Besserverdienende, während junge, aufstiegsorientierte Menschen und zukunftsträchtige Sektoren wie die Tech Branche vernachlässigt wurden. Diese Priorisierung verstärkte die Ungleichheit und sendete widersprüchliche Signale an eine breite Wählerschaft.
  • Migrationspolitik: Die Unterscheidung zwischen Asyl und Migration wurde zunehmend verwischt, was zu einer intellektuellen Verdünnung der politischen Debatte führte. Diese Entwicklung erinnerte an die Union, die ebenfalls Schwierigkeiten hatte, klare Positionen zu vertreten und dadurch ihre Glaubwürdigkeit in der Migrationspolitik gefährdete.
  • Sozialpolitik: Das Stigma der sozialen Kälte konnte nicht abgelegt werden. Diesbezügliche Erfolge der FDP innerhalb der Ampel-Regierung wurden nach dem Scheitern dieser kaum mehr hervorgehoben, beispielsweise die Veränderung der Zuverdienstregelungen innerhalb des Bürgergeldes oder die Anhebung der Minijobgrenze, sondern gingen innerhalb der Abgrenzung von der Ampel unter.
  • Europapolitik: Innerhalb der Bundesregierung nahmen die Freien Demokraten häufig eine Rolle ein, in der sie sich gegen Vorschläge der Europäischen Union und der weiteren Mitgliedsländer stellten – sei es beim Lieferkettengesetz, bei den Importzöllen auf chinesische Autos oder beim Verbrenner-Aus. Wenngleich auch hier die inhaltliche Position richtig und nachvollziehbar ist, entstand gleichsam der Eindruck, die FDP sei ein Bremsklotz der Europäischen Union, ohne dabei nennenswert eigene Vorschläge für die Zukunft der EU zu liefern. Genau diese hätte eine dezidiert proeuropäische Partei wie die FDP allerdings laut kommunizieren sollen, insbesondere in ihren eigenen Ministerien innerhalb der Ampel-Regierung.
  • Gesellschaftsliberale Themen: Die Selbstbestimmung queerer Menschen spielte im Wahlkampf kaum eine Rolle. Die Partei wirkte unsicher beim Selbstbestimmungsgesetz, obwohl es auf ihrer eigenen Beschlusslage beruhte. Diese inhaltliche Inkohärenz schwächte das gesellschaftsliberale Profil der FDP und sorgte stattdessen für widersprüchliche Signale.
  • Digitalisierung: Bei der Bundestagswahl 2017 spielte das Thema der Digitalisierung eine hervorgehobene Rolle und festigte das Bild der Freien Demokraten als Partei der Modernisierung. Weder innerhalb der Ampel-Regierung noch im Anschluss spielte das Thema dann noch eine große Rolle, obwohl wir sogar den fachlich zuständigen Digitalminister stellten.
  • Liberale Drogenpolitik: Während bei der Bundestagswahl 2021 viele junge Menschen die FDP bei der Frage nach einer weitgehenden Cannabis-Legalisierung unterstützen, spielte dieses Thema inklusive einer weitergehenden Liberalisierung sowie eine liberale Drogenpolitik im Allgemeinen bei dieser Bundestagswahl gar keine Rolle mehr.
  • Zweitstimmenkampagne / Anbiederungswahlkampf an konservative Kräfte: Ein Wahlkampf, in dem man  der sich explizit an konservative Kräfte annähert, ist kein Erfolgsrezept für eine liberale Partei, wie uns bereits die Wahlschlappe 2013 gezeigt hat. Stattdessen müssen wir uns auf das Erfolgsrezept von 2017 und 2021 zurückbesinnen: Liberale Werte und Inhalte.

 c) Personelle Verengung 

Ein wesentlicher Grund für das schlechte Abschneiden der FDP war die starke Fokussierung auf eine Einzelperson. Selbst bei großzügiger Betrachtung der erweiterten Führungsspitze fällt die geringe Diversität auf, insbesondere in Bezug auf Frauen und Ostdeutsche. Im Einzelnen:

  • Zentralisierung auf eine Person: Eine unpopuläre Spitzenfigur kann das Gesamterscheinungsbild der Partei negativ prägen. Durch die starke Konzentration an innerparteilicher Macht und der öffentlichen Berichterstattung auf eine Person können deren (schlechte) Persönlichkeitswerte nicht mehr durch die Leistungen anderer Parteimitglieder oder der Gesamtpartei zumindest teilkompensiert werden. Ein weiteres Problem stellt hierbei dar, dass, in Folge dieser Entwicklung, Partei und Führungsperson, meist der/die Parteivorsitzende, als Synonyme verstanden werden: Der/die Parteivorsitzende ist die Partei, die Partei ist der/die Parteivorsitzende. Daraus ergibt sich ein Folgeproblem: Die Sichtbarkeit anderer Parteimitglieder in der öffentlichen Wahrnehmung nimmt ab und deren häufig gute Arbeit wird kaum wahrgenommen und gewürdigt.
  • Eklatante Lücke von Frauen in Führungspositionen: Abgesehen von Frau Strack-Zimmermann und Frau Stark-Watzinger gibt bzw. gab es kaum weibliche Spitzenpolitikerinnen in der FDP. Das ist für eine liberale Partei ein Armutszeugnis. Es zeichnet nicht nur ein Bild einer Partei mit patriarchalischen Strukturen und schreckt so grundsätzlich interessierte Frauen ab, es gilt leider auch oftmals: Dort, wo Frauen keine Politik machen, kommt Frauenpolitik zu kurz. In der Folge sind feministische, progressive Themen deutlich weniger im Vordergrund, als es sich für eine liberale Partei gehört, und Frauen weniger motiviert, sich in der Partei zu engagieren oder sie zu wählen.
  • Mangelnde ostdeutsche Repräsentation: Die FDP als Partei hat es bislang kaum geschafft, ostdeutsche Politiker:innen in Spitzenpositionen zu bringen. Diese Lücke in der Repräsentation verstärkt den Eindruck, dass die FDP nicht ausreichend die Interessen Ostdeutschlands widerspiegelt. Dadurch fehlt es der Partei an der Fähigkeit, die unterschiedlichen Perspektiven und Bedürfnisse der Region in ihre politische Arbeit zu integrieren.

III. Erste Reformvorschläge für einen schlagkräftigen organisierten politischen Liberalismus der Zukunft

1. Reformvorschläge für die Bundes-FDP

Start- und Fixpunkt aller Reformbemühungen der FDP ist zwangsläufig die Bundes-FDP. Sie ist das Gesicht des Liberalismus für die breite Öffentlichkeit. Einzelne Landesverbände kommen kaum gegen eine negative Grundstimmung der Bundes-FDP an. Gleichzeitig braucht die Bundes-FDP jedoch erfolgreiche Wahlergebnisse einzelner Landesverbände für das notwendige Momentum bei der kommenden Bundestagswahl. Es muss schon deshalb das Anliegen aller freiheitsliebenden Menschen in Deutschland – ganz gleich, aus welchem Landesverband sie auch kommen mögen – sein, für eine starke Bundes-FDP zu sorgen. 

Die FDP hat in jüngster Vergangenheit zentrale Zielgruppen – insbesondere Frauen, Ostdeutsche, junge Menschen sowie moderne, urbane und international orientierte Milieus – personell und inhaltlich vernachlässigt. Ursachen dafür sind eine ambivalente Positionierung bei gesellschaftspolitischen Kernthemen, eine unzureichende Repräsentation dieser Gruppen in Führungspositionen sowie ein Profil, das kaum mit deren Lebensrealitäten übereinstimmt. Um breitere Wählerschichten anzusprechen, muss sich die FDP inhaltlich öffnen und personell vielfältiger aufstellen.

a) Strukturelle/personelle Reformvorschläge

Reformbedarf: Die Gründe für die verheerende Wahlniederlage mögen vielfältig sein, als einer der Gründe kann allerdings die starke Fokussierung auf eine Einzelperson ausgemacht werden. Sollte im Rahmen einer (sehr großzügigen) Betrachtung eine Fokussierung auf die erweiterte Führungsspitze diagnostiziert werden, fällt auf, dass selbst diese Analyse nicht darum umher käme, dem erweiterten Führungspersonal eine arg geringe Diversität zu diagnostizieren. So liegt ein zentraler Grund für unterdurchschnittlichen Ergebnisse der FDP bei Wählerinnen generell sowie Wählerinnen und Wählern in Ostdeutschland auch in der fehlenden personellen Repräsentanz dieser Gruppen in der FDP und, damit einhergehend, fehlender Präsenz in der Außenwahrnehmung der FDP begründet. (zur ausführlichen Analyse, s. Kap. II)

Lösung: Die JuLis Niedersachsen sind der Meinung, dass folgende Maßnahmen geeignet sind, um mehr Parteimitglieder in der Öffentlichkeit zu platzieren und so eine möglichst große (programmatische) Vielfalt der Partei abzubilden und eine breite Bevölkerungsschicht zu repräsentieren. Unser Ziel muss sein: Mehr Breite in der Spitze.

  • Trennung von Partei- und Regierungsamt: Sofern künftige Bundesvorsitzende oder Generalsekretäre als Minister/Ministerin Mitglied der Bundesregierung werden, so müssen sie spätestens zum nächsten ordentlichen Bundesparteitag der FDP zurücktreten und die entsprechenden Posten neu gewählt werden.
  • Trennung von Parteivorsitz und Fraktionsämtern in der Bundestagsfraktion: Parteivorsitz und Fraktionsämter (Fraktionsvorsitz, stellvertretender Fraktionsvorsitz, parlamentarische Geschäftsführung) sollen getrennt werden – unabhängig davon, ob die FDP in der Regierung oder Opposition ist.
  • Einführung einer fakultativen Doppelspitze: Sowohl der Parteivorsitz als auch der Fraktionsvorsitz können künftig als Doppelspitze besetzt werden. Bewerbungen sollen in einem solchen Fall als Zweier-Teams erfolgen, um Abstimmungsprobleme zu vermeiden. Die Co-Vorsitzenden der Doppelspitze sollten idealerweise geschlechterparitätisch sein und aus unterschiedlichen Landesverbänden stammen, dies ist jedoch keine Pflicht. Einzelkandidaturen bleiben möglich.
  • Geschlechterparität ohne Quote: Die JuLis Niedersachsen lehnen starre Quoten ab, befürworten aber eine langfristig paritätische Besetzung des FDP-Bundesvorstands und Präsidiums. Auf eine entsprechende Besetzung mit weiblichem Führungspersonal soll in Zukunft besonders geachtet werden.
  • Vergüteter Parteivorsitz: Ein erfolgreicher Vorsitz in der APO-Zeit kann nicht ehrenamtlich ausgeführt werden. Um die FDP strategisch aufzustellen und konkurrenzfähig zu halten, sollte dieses Amt, sofern es nicht von hauptamtlichen Mandatsträgern besetzt wird, angemessen vergütet werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Vorsitzende über die nötigen Ressourcen verfügt, um die Partei nachhaltig zu führen und für den Bundestag konkurrenzfähig zu machen.
  • Mitgliedschaft ab 14 Jahren: Viele Mitglieder der Jungen Liberalen engagieren sich bereits ab dem Alter von 14 Jahren für die FDP und sind insbesondere im Wahlkampf und in der programmatischen Gestaltung eine Bereicherung. Daher soll eine Mitgliedschaft in der FDP bereits ab 14 Jahren möglich sein.
  • Externe Stimmen berücksichtigen: Die FDP sollte nicht nur interne Strukturen, sondern auch Wählerperspektiven stärker einbeziehen. Ein Mechanismus zur Evaluierung externer Stimmen könnte helfen, die Parteiführung strategisch besser auszurichten. Auf diese Weise könnte sichergestellt werden, dass die Partei nicht nur intern repräsentiert ist, sondern auch extern auf die breite Wählerschaft ausgerichtet bleibt.
  • Politische Influencer: Die „öffentliche Meinung“ wird zunehmend von Influencern geprägt. Menschen, die außerhalb von Parteiämtern und Mandaten in den sozialen Medien für liberale Themen werben, haben sich zu einem wahlentscheidenden Faktor entwickelt – insbesondere die Linkspartei hat hiervon stark profitiert. Um auch in der APO sichtbar und relevant zu bleiben, muss ein zukünftiger Bundesvorstand proaktiv den Kontakt zu reichweitenstarken Influencern suchen und sie gezielt in exklusive Formate einbinden. Denkbar wären hier etwa Content-Collabs, Creator-Stipendien, „Liberal Voices“-Events oder die Co-Creation von Kampagnen.

b) Inhaltliche Reformvorschläge

Reformbedarf: Die FDP hat zuletzt durch eine starke thematische Verengung und widersprüchliche Positionierungen erheblich an Kontur verloren. Statt überzeugende liberale Alternativen beim Klimaschutz, in der Europapolitik, Migration oder gesellschaftspolitischen Fragen klar zu kommunizieren, dominierte die Wahrnehmung der Partei als monothematischer „Bremsklotz“ mit konservativer Ausrichtung. Dabei wurden gerade zukunftsweisende Themen wie Digitalisierung, soziale Gerechtigkeit, eine liberale Drogenpolitik oder Selbstbestimmung queerer Menschen vernachlässigt, wodurch die FDP letztlich in einer Positionierung gefangen blieb, die zwischen Union und AfD liegt und durch ein entgegenstehendes Leitbild langfristig kein Potenzial für nachhaltige liberale Politik bietet.  (zur ausführlichen Analyse, s. Kap. II)

Lösung: Im Ausgangspunkt ist es unerlässlich, dass getroffene Beschlüsse unumstößlich vom zukünftigen Bundesvorstand berücksichtigt werden müssen. Dies gilt für den Kommunikationsstil, vor allem aber auch die programmatische Beschlusslage. Ziel für unsere Beschlusslage ist die Abkehr von der zuletzt wahrgenommenen inhaltlichen Verengung. In anderen Worten: Mehr programmatische Breite – ein ganzheitlicher Liberalismus.

  • Keine Königsmacherrolle der AfD: Die FDP steht für Freiheit und Weltoffenheit – Werte, die die in relevanten Teilen rechtsextreme AfD konsequent verachtet. Die AfD möchte abschaffen, wofür Liberale stehen. Es muss daher eine klare Haltung der Freien Demokraten sein, dass es zu keinem Zeitpunkt eine Königsmacherrolle der AfD geben darf, mit der diese Partei in unserem Land realpolitische Veränderungen bewirken oder Entschließungsanträge verabschieden kann. Die Erfahrungen aus Thüringen 2020 und dem Bundestagswahlkampf 2025 zeigen, dass jede Unklarheit in dieser Frage strategisch schädlich ist. Nachdem im Jahr 2020 Thomas Kemmerich mit einer Königsmacherrolle der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, sackte die FDP in den Wahlumfragen um mehrere Prozentpunkte ab und verpasste u.a. deshalb den Einzug in die Hamburger Bürgerschaft. Im Bundestagswahlkampf 2025 zerstritt sich die Partei über den Umgang mit der Zustimmung der AfD und sorgte damit für eine unklare und unglaubwürdige Haltung in dieser Frage, die viele Wählerinnen und Wähler verschreckte, die eine klare Positionierung der Freien Demokraten erwarteten. Neben unserer klaren Grundhaltung der Abgrenzung von extremistischen Kräften ist es also bereits strategisch kein Erfolgsrezept, politische Fragen unter Inkaufnahme einer AfD-Unterstützung lösen zu wollen. Die Haltung der Bundespartei darf in Zukunft keine situationsabhängige Wackelfrage sein, sondern muss ähnlich konsequent und entschieden sein wie jene nach der Landtagswahl 2020 in Thüringen.
  • “Einigkeitsthemen” im Wahlkampf in den Vordergrund stellen: Die Bundestagswahlen 2017 und 2021 zeigen, dass Themen wie Bildung, Digitalisierung, Aktienrente und Steuerentlastung das gesamte liberale Spektrum vereinen. Diese sollten im Wahlkampf im Mittelpunkt stehen, um Geschlossenheit zu demonstrieren. Die Bundestagswahl 2025 dient insoweit als Negativbeispiel dafür, dass sich die FDP bei entscheidenden Wahlkampfthemen zunächst innerparteilich einig werden sollte, bevor man mit innerparteilich-kontroversen Themen zerstritten an die Öffentlichkeit geht.
  • “Modernisierungsthemen” wie Bildung und Digitalisierung wieder priorisieren: Die Bundestagswahl 2017 zeigt, dass die FDP auch deshalb gewählt wird, wenn sie glaubwürdig für eine Modernisierung unseres Landes einsteht, beispielsweise in den Bereichen Digitalisierung und Bildung. Es ist sinnvoll, dass die FDP beim Eintritt in eine Regierung dann auch die entsprechenden Schwerpunktressorts besetzt. Gleichzeitig dürfen diese Themen dann weder inhaltlich noch kommunikativ untergehen, sondern müssen prioritär bespielt und dabei auf die eigenen Erfolge verwiesen werden.
  • Keine inhaltlichen Schnellschüsse entgegen unserer Grundüberzeugungen: Inhaltliche Schnellschlüsse, mit denen kurzfristig verzweifelt auf spezielle Wählergruppen geschielt wird, langfristig jedoch der Glaubwürdigkeit schaden oder den liberalen Prinzipien widersprechen, sind zu vermeiden. Dazu zählen etwa Flatrate-Parken (widerspricht Subventionsabbau), Grenzkontrollen in der EU (widerspricht Schengen und einer liberalen europäischen Ausrichtung) oder Kryptowährungen in der Währungsreserve (widerspricht dem Sachverstand auch uns wohlgesonnener Ökonomen). 
  • Flexibilität statt rigider Standpunkte: Als Lehre aus der gescheiterten Regierungsbeteiligung muss eine liberale Partei künftig kompromissfähig bleiben, um mit demokratischen Mitbewerbern zusammenzuarbeiten. Rote Linien führen zu kommunikativen Sackgassen und sollten – unter Wahrung eigener Kernanliegen – im Regelfall vermieden werden.
  • Programmatische Innovation in der Breite: Eine zentrale Lehre aus dem Bundestagswahlkampf und den migrationspolitischen Forderungen der FDP ist der erkennbare Mangel an innovativen und einzigartigen Ideen, die als klares Alleinstellungsmerkmal der Freien Demokraten dienen. Um in Zukunft stärker und profilierter aufzutreten, brauchen wir eine Beschlusslage, die in der gesamten Breite politischer Themen – von Entwicklungs- bis Kulturpolitik – mutige und originelle Konzepte bietet. Diese Ideen müssen von einer zukünftigen Parteispitze entschlossen nach außen getragen und im Wahlkampf sichtbar gemacht werden.
  • Denkanstoß über eine fundamentale Neugestaltung einer liberalen Partei: Ohne Denkverbote muss sich die Frage gestellt werden, welche Vorteile das weitere Auftreten als Freie Demokratische Partei, kurz FDP, mit sich bringt. Eine künftige Parteispitze soll deshalb unter Einbeziehung externer Empirie die Möglichkeit eines “Rebrandings” als Katalysator künftiger Erfolge prüfen, um etwaige negative Konnotationen und Klischée behaftete Vorurteile zu negieren und eine klare Grundausrichtung bereits durch den Namen kommunizieren zu können. Die Erfahrungen von 2015 sollen hierin einfließen, aber nicht die Grenze möglicher Veränderungen darstellen. Daneben können die österreichischen „NEOS“ und die französische „Renaissance“ als Untersuchungsgegenstand dienen.

2. Reformvorschläge für die FDP Niedersachsen

Reformbedarf: Die FDP Niedersachsen muss der Motor des Erneuerungsprozesses im Bund sein. Für diese Aufgabe muss sich die FDP Niedersachsen jedoch entsprechend aufstellen und zunächst die eigenen “Hausaufgaben” erledigen. Der notwendige Gestaltungsanspruch auf Bundesebene fängt mit zwingenden Veränderungen des eigenen Verbands an. 

Lösung: Die JuLis Niedersachsen streben eine weiterhin enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der JuLis an. Gleichwohl setzen wir uns für einige grundlegende Reformen ein, die unserer Ansicht nach die JuLis und ihre Wahrnehmung in Gänze nachhaltig stärken werden. Hierzu zählen:

  • Klare Kritik bei Abweichung von der FDP-Bundesbeschlusslage: Sofern das Handeln der FDP von ihrer eigenen Bundesbeschlusslage oder jener der Jungen Liberalen abweicht, erwarten wir vom Bundesverband, dass er im Rahmen seiner Presse- und Öffentlichkeitsarbeit etwa durch Pressemitteilungen und in den sozialen Medien dezidierte Kritik übt und zu den jeweiligen Themen stets klare Stellung bezieht. Dies gilt auch in Wahlkampfzeiten; das Mantra der Geschlossenheit darf nicht dazu führen, dass die Jungen Liberalen ihrer kritischen Beobachtungsfunktion nicht nachkommen und stillschweigend akzeptieren, wenn Funktionsträger der Partei von denjenigen Inhalten abweichen, für die wir als Liberale eintreten. Wenn berechtigte Kritik an der Wahlkampagne erst ex post im Rahmen der Wahlanalyse geübt wird, obwohl bereits zuvor teils großer Unmut innerhalb der Mitgliedschaft besteht, gefährdet das ein erfolgreiches Abschneiden der Partei stärker als die klare Artikulation unserer Position gegenüber der Partei.
  • Rücktritt vom Bundesvorstand nach Parlamentseinzug: Zieht ein Mitglied des Bundesvorstandes in ein Landesparlament, den Bundestag oder das EU-Parlament ein, sollte der gewählte Vorstandsposten im Bundesvorstand zum nächstmöglichen Zeitpunkt zur Verfügung gestellt werden, um eine Unabhängigkeit des Bundesvorstandes von der Fraktionsarbeit zu bewahren und die Funktion als konstruktive und gleichzeitig kritische Begleitung der Partei nicht zu gefährden. Weiterhin werden Bundesvorsitzende bereits im Wahlkampf dazu angehalten, die unabhängige Ausübung ihres Vorstandsamtes selbstkritisch zu prüfen, sofern sie gleichzeitig auf einem aussichtsreichen Listenplatz für ein solches Mandat kandidieren oder diese Absicht verfolgen.
  • Soziale Medien voll ausschöpfen (inkl. TikTok): Spätestens dieser Wahlkampf hat gezeigt, dass wir unseren Social-Media-Auftritt grundlegend erneuern müssen – bzgl. des Mediums, der Aufmachung sowie des Inhalts.
    • Medium: Bezüglich des Mediums haben wir uns bewusst weitestgehend von TikTok ferngehalten – ein deutlicher Fehler, wie das Abschneiden von Linke und AfD bei den Jung- und Erstwählern zeigt (selbstredend ist TikTok hier nicht monokausal, die Bedeutung darf nicht über-, aber eben auch nicht unterschätzt werden). Wir müssen lernen, gewisse liberale Themen auch effektiv an große Mengen von Wählern zu kommunizieren. Hierfür ist allerdings eine gewisse Grundpräsenz auf diesen Plattformen nötig. Dies beinhaltet auch liberale Vorfeldorganisationen.
    • Aufmachung: Bezüglich der Aufmachung haben wir erste Entwicklungen hin zu einem modernen Auftreten unternommen, positiv ist etwa das “Kabinen-Video”. Gleichwohl stellt sich die Frage, inwieweit wir uns von Content emanzipieren müssen, der primär mit den Gesichtern von Jungen Liberalen bespielt wird. Ein solcher Content ist primär “Content nach Innen”, in die eigene JuLi-Bubble hinein. Junge Menschen interessieren sich auch, aber nicht nur für die Gesichter unseres Verbands – Gesicht, die sie im Zweifelsfall nicht einmal kennen. Was es bedarf, ist ein ganzheitlich modernes Auftreten, welches auch vor innovativen Konzepten nicht zurückschreckt. Wir fordern eine gründliche Evaluation der digitalen Präsenz. Dies beinhaltet z.B. auch, die Art des Contents der Linken sowie des linken Vorfelds zu studieren. 
    • Inhalt: Auch bezüglich des Inhalts haben wir Steigerungspotenzial. Wir müssen es schaffen, starke Narrative zu erzeugen und in wenigen Worten zu kommunizieren. Linke Buzzwords wie “Enteignen, Enteignen, Enteignen” müssen wir mit kreativen, neuen Impulsen begegnen, die unsere Adressaten emotionaler adressieren. Welches “Gefühl” wollen wir JuLis über Social Media präsentieren? Diese Frage bedarf einer dringenden Antwort. “Schuldenbremse, Schuldenbremse, Schuldenbremse” (so richtig sie programmatisch auch sein mag) kann diese emotionale Leerstelle leider nicht füllen. Ein erfolgreicher Social Media Auftritt braucht essentieller Weise ein “liberales Grundgefühl”, welches wir bedienen wollen. Ein solches “liberales Grundgefühl” kann das von uns 2017 und 2021 vermittelte Gefühl “Wir glauben an dich!” / “Wir ermöglichen deine Möglichkeiten!” / “Konsequent Europa – Jetzt erst Recht!” sein. Dieses “liberale Grundgefühl” muss das klare Leitbild unseres Social-Media-Auftritts sein.
  • Eigenes Agenda-Setting betreiben:  Dass die FDP einseitig das Thema Schuldenbremse bespielt hat, ist das eine. Dass dies auch eine politische Jugendorganisation tut, ist diskussionswürdig. Ob dieses Thema junge Menschen, die einer Lebensumwelt mit renovierungsbedürftigen Schulen etc. ausgesetzt sehen, über die eigene (enge) Kernklientel hinaus begeistert und mobilisiert, ist diskussionswürdig. Die Jungen Liberalen sollten nicht bloß die Kampagne der Mutterpartei spiegeln, sondern eigene Akzente setzen. Das Thema “Aktienrentner*in” ist hier lobend zu erwähnen. Derartige Impulse sollten vermehrt im Vordergrund stehen. Zu erwähnen sind bspw. spezifische JuLi-Forderungen zum Thema Bildung oder Aufstiegsversprechen.
  • “Liberal Voices of Europe” – Pan-europäischer Content: Junge Menschen, die aktuell an eine europäische Partei denken, denken an Volt. Wir haben uns Europa als Thema wegnehmen lassen. Wir wollen daher verstärkt auf pan-europäischen Content setzen. “Konsequent Europa – Jetzt erst Recht!” lebt mit einer europäischen Identität. Hierfür wollen wir mit liberalen Gesichtern aus ganz Europa zusammenarbeiten (“Liberal Voices of Europe”). Die EU ist die Lösung für die Ukraine – sagen ukrainische Liberale. Die EU ist die Lösung gegen Populismus – sagen ungarische Liberale. Die EU ist die Lösung gegen den Klimawandel – sagen griechische Liberale in Waldbrandregionen. Formate wie solche können eine europäische Identität stärken und helfen uns, wieder als zentrale europäisch denkende Partei wahrgenommen zu werden.
  • Abschaffung eines Mindestalters bei den Jungen Liberalen: Als Jugendorganisation ist es unsere Aufgabe, alle jungen Menschen innerhalb der liberalen Familie zu vertreten. Weiterhin ist es unsere Aufgabe, junge Menschen in einem niedrigschwelligen Rahmen an das politische Engagement heranzuführen und ihnen die Chance zu bieten, die politische Arbeit auszuprobieren, ohne dabei dem starren, direkten und bindenden Rahmen der Partei ausgesetzt zu sein. Daher fordern wir die Abschaffung des bisherigen Mindestbeitrittsalters von 14 Jahren bei den Jungen Liberalen. Um die Arbeitsfähigkeit der gewählten Vorstandsebenen zu gewährleisten, muss für Ämter jedoch die Eingrenzung eines Mindestalters erfolgen, sofern ein solches zur Sicherstellung einer rechtskonformen Geschäftsfähigkeit notwendig ist.

4. Wir gehen voran: Reformen der JuLis Niedersachsen

Wer Veränderungen einfordert, beginnt bei sich selbst. Wir wollen im Rahmen des umfassenden Reformprozesses eine Vorbildfunktion einnehmen und selbst kritisch hinterfragen. Auch wenn uns als Landesverband in der Tendenz weniger Aufmerksamkeit und Gewicht zukommt, haben wir dennoch vielfältige Möglichkeiten, um proaktiv den Wandel anzustoßen, den wir uns für die gesamte Partei wünschen. In Zukunft streben wir bei uns selbst daher folgendes an:

  • Kritik bei Abweichung von Beschlusslage und Stillschweigen des BuVo: Weicht die Bundespartei von ihrer eigenen Bundesbeschlusslage oder jener der Jungen Liberalen ab, ist die Kritik daran zuvorderst eine Aufgabe, welche dem Bundesverband im Rahmen seines diesbezüglichen Mandats obliegt (siehe Kapitel zur Rolle der Bundes-JuLis). Sollte der Bundesverband dieser Aufgabe jedoch aus unserer Sicht nicht hinreichend nachkommen, wollen wir proaktiver auf den Bundesverband hinwirken, dass dieser seiner kritischen Beobachterrolle vollumfänglich nachkommt, und hierzu konstruktive Vorschläge unterbreiten.
  • Inklusive Verbandskultur (“Liberale Verbandskultur 2030”)Das Einfordern einer Partei der inhaltlichen und personellen Vielfalt beginnt unten an der Basis. Insbesondere unsere strukturelle Schwäche bei Frauen stellt ein ernsthaftes Problem dar. Vor diesem Hintergrund muss die Verbandskultur wesentlich inklusiver werden. Dies beinhaltet u.a. ein Reflexionsprozess über die Art und Weise von Veranstaltungsformaten. Mit Unterstützung des geschäftsführenden Landesvorstands wollen wir alle Kreisverbände ermutigen, sich in einem geeigneten Forum zusammenzuschließen und über best-practice Beispiele auszutauschen (“Liberale Verbandskultur 2030”). Wo möglich soll diesen Foren eine vorgelagerte Einbindung aller Basismitglieder auf Kreisebene vorangehen.
  • Konvent der Jungen Liberalen Frauen: Wir wollen im Verlaufe des kommenden Amtsjahrs einen (digitalen) Konvent für Frauen einberufen, in dem sie über strukturelle Reformen beraten können. Das Ergebnis wird dem geschäftsführenden Landesvorstand zur Kenntnis vorgelegt; er hat hierzu beim darauf folgenden Landeskongress Rechenschaft abzulegen.
  • Klare Kritik bei Abweichung von Landesbeschlusslage: Analog zu der Erwartungshaltung, die wir bei einer Abweichung der Bundespartei von der Bundesbeschlusslage an den Bundesverband der Jungen Liberalen stellen, sehen wir uns selbst in dieser Pflicht und Verantwortung, sofern der Landesverband der FDP von seiner eigenen oder unserer Landesbeschlusslage abweicht. In diesem Fall sind wir bereit, intern wie auch öffentlich im Rahmen unserer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit dezidierte Kritik zu üben und klare Stellung zum vorliegenden Sachverhalt zu beziehen. Auch hier muss dies ebenso in Wahlkampfzeiten gelten.
  • Programmatische Mitarbeit für alle: Im Rahmen des Bundestagswahlkampfs und damit einhergehenden umfassenden Arbeitsprozessen ist im letzten Amtsjahr die programmatische Mitarbeit für alle leider nur teilweise gelungen. Wir wollen in Zukunft etwaige Formate wie den breiten Beteiligungsprozess vor dem Leitantrag zum “Liberalen Aufstiegsversprechen” verstetigen; aus den Erfahrungen dieses Prozesses wollen wir gleichzeitig lernen und die Beteiligungsphasen z.B. mit mehr begleitenden Angeboten – auch seitens des geschäftsführenden Landesvorstands – ausbauen. Darüber hinaus streben wir in Zukunft (wieder) vermehrte programmatische Veranstaltungen an, z.B. “LAK-Börsen” etc. Wir erarbeiten hierfür ein umfassendes Konzept, über welches wir am Ende der Amtsperiode Rechnung ablegen wollen.
  • Niedrigschwellige programmatische Mitarbeit: Spiegelbildlich wollen wir die Hürden für eine programmatische Mitarbeit senken, z.B. indem wir ein Starter-Paket für Neumitglieder erstellen, welches u.a. ein “How-to-Mitarbeit” und eine “JuLi-Vokabelliste” enthält.
  • Soziale Medien voll ausschöpfen – auch auf Landesebene: Analog zu den Forderungen auf Bundesebene wollen auch wir das “Liberale Grundgefühl” “Wir glauben an dich!” / “Wir ermöglichen deine Möglichkeiten!” / “Konsequent Europa – Jetzt erst Recht!” mit Leben füllen. Hierfür öffnen wir uns für TikTok und erarbeiten eine umfassende Social-Media-Strategie. Über diese Strategie wollen wir am Ende des kommenden Amtsjahres Rechnung ablegen.
  • KV.net wieder aufleben lassen: Eine liberale Jugendorganisation erkennt auch individuelle Lebenssituationen an. Auch wer örtlich ungebunden sein möchte, wechselnde Wohnsitze hat oder außerhalb Niedersachsens oder gar Deutschlands wohnt, soll bei uns seinen Platz finden können. Deshalb wollen wir den KV.net als rein digitalen Kreisverband wieder aufleben lassen, der eine ortsungebundene Partizipation und rein digitale Kreisverbandsarbeit in unserem Verband ermöglicht.

Sunset-Klausel: 5 Jahre

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