DE-Mail – teuer, überflüssig und alles andere als sicher

Mit großem medialem Tamtam hat die Bundesregierung gestern die Schaffung der “DE-Mail” verkündet.

Es handelt sich dabei um einen speziellen Emaildienst, der eine eingebaute Verschlüsselung besitzt und durch eine Art Briefmarkentechnik (der Versand wird den Nutzer voraussichtlich Geld kosten) immerhin weitgehend Spamfrei bleiben wird. Wenigstens das mag Mancher als Fortschritt sehen, auch wenn davon auszugehen ist, dass stetig besser werdende Filtertechnik das Problem früher oder später so weit in den Griff kriegen wird, dass es (den Privatanwender jedenfalls) kaum noch stört.
Dass mit dem Bundesinnenministerium ausgerechnet die gleiche Behörde, die für ihre ständigen Forderungen nach staatlichen Zugriffsrechten auf die Privatsphäre aller Menschen, für die heimliche Onlinedurchsuchung und viele weitere Spionagegelüste bekannt ist, maßgeblich an diesem Projekt beteiligt ist, lässt das angeblich hohe Maß an Privatsphäre und Datenschutz dieses neuen Dienstes wie die reinste Satire aussehen.
Wolfgang Schäuble als Garant dafür, dass er selber, respektive seine Behörden nicht in meine Emails gucken? Lachhaft! Das Gegenteil wird der Fall sein und dass das System maßgeblich vom Musterkonzern in Sachen nichtvorhandenen Datenschutzes entwickelt wurde, der obendrein ehemaliger Staatskonzern ist und sich nach wie vor teilweise im Besitz der Bundesregierung befindet, passt ja denn auch wirklich wie Faust aufs Auge dazu.
Der Dienst wird also im Gegensatz zur E-Mail sicherlich Geld kosten (sonst wären die großen Mail-Anbieter kaum so Feuer und Flamme für den Dienst) und er wird, auch wenn das natürlich nicht explizit beweisbar, aber alles andere völlig ausgesprochen verwunderlich wäre, die Überwachung der Nutzer seitens von Ermittlungsbehörden so einfach wie nie zuvor machen.
Doch was ist mit den Vorteilen? Eine Verschlüsselung gegenüber Hackern, Spammern, Datensammlern ist doch sehr vernünftig?
Ja, das ist sie. Verschlüsselte Emails kann man aber bereits jetzt verschicken, wenn man will. “Pretty Good Privacy” (kurz: PGP) heißt dass Verfahren und es kostet nichts. Es ist zugegeben auch nicht so einfach, wie es die DE-Mail allen Versprechungen nach sein wird – aber was bringt denn schon eine Verschlüsselung, zu der ausgerechnet der größte denkbare Hackerclub, nämlich das Bundesinnenministerium, den Schlüssel besitzt?
Als ein weiterer “Vorteil” wird die eindeutige Zuordnung der Adressen zu den Nutzern über den Personalausweis und ein damit verbundenes Identifizierungsverfahren genannt. Solche Verfahren verwenden Anbieter wie Ebay aber schon ganz ohne staatliche Unterstützung seit Jahren an. Ja sicher, Schwarze Schafe schreckt sowas auch nicht ab – aber die finden immer einen Weg und werden dass auch mit DE-Mail tun.
Wieviele Bundesbürger mögen so einen Dienst bisher vermisst haben? PGP nutzt niemand, mit dem ich regelmäßigen Email-Kontakt habe (und das sind einige, ich bekomme gut 30 Emails jeden Tag von allen möglichen Leuten) – Verschlüsselung scheint also kein ausgesprochener Herzenswunsch der Deutschen zu sein.
DE-Mail wird also ein Dienst, den keiner braucht, der obendrein noch Geld kostet und Datenschutztechnisch äußerst fragwürdig ist – das sieht nach einer ausgesprochenen Erfolgsgeschichte aus!
Wie lang wird es wohl dauern, bis die Regierung die Nutzung der DE-Mail in Ermangelung freiwilliger Nutzer zur guten deutschen Pflicht und Tugend erklärt? Wir sind gespannt.

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Joris Stietenroth

Stv. Landesvorsitzender für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Student der Rechtswissenschaften

Aufgaben

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