Die menschgemachte globale Erderwärmung erhöht bereits heute die Frequenz und Intensität von Wetterextremen wie Dürren, Stürmen und Überschwemmungen. Die Eismasse der Antarktis sowie des grönländischen Eisschildes nimmt kontinuierlich ab und infolgedessen erhöht sich der Meeresspiegel. Auf den Weltmeeren führt der Temperaturanstieg zu Korallenbleichen, während in den Gebirgen die Gletscher schmelzen und sich an Land die Wüstenbildung beschleunigt. In Zukunft könnten viele Metropolen und Inselstaaten unterhalb des Meeresspiegels liegen, ganze Klassen des Tierreiches aussterben und derzeit noch ungenau kalkulierbare Phänomene wie das Auftauen der Permafrostböden oder der Zerfall von Methanhydrat zu gefährlichen Kettenreaktionen führen. Die globale Erderwärmung ist eine Herausforderung für die gesamte Menschheit und das Ökosystem, von dem wir abhängig sind. Er beschränkt die Freiheit jedes einzelnen Menschen, der lebt oder noch geboren werden wird.
Alle Menschen sind frei und deshalb findet die Freiheit des Einzelnen ihre Grenzen dort, wo die Freiheit der anderen beginnt. Daraus folgt, dass der Ausstoß von Treibhausgasen als Ursache der globalen Erderwärmung ein Eingriff in die Freiheit jedes einzelnen Menschen ist. Deshalb kann ein konsequent gedachter Liberalismus eigentlich nur zu einer Schlussfolgerung kommen: Der Ausstoß von Treibhausgasen ist unverzüglich zu verbieten oder alternativ auszugleichen, nicht durch eine CO2-Steuer, sondern indem dieselbe Menge Treibhausgas, die emittiert wurde, der Atmosphäre wieder entzogen wird. Allerdings wäre dieser, bei isolierter Betrachtung der Folgen des Klimawandels richtige Schritt, wiederum ein Eingriff in die Freiheit jedes einzelnen Menschen. Dabei geht es nicht nur um Schnitzel oder Sportwagen, sondern um die Grundlagen unserer Zivilisation: ein gut gedeckter Tisch, fließend Wasser und eine hochwertige Gesundheitsversorgung. Als Liberale bewegen wir uns in der Klimapolitik daher in einem Spannungsfeld zwischen Freiheit und Freiheit – und wir sind ehrgeizig genug, um beides zu wollen!
Wir wollen die globale Erwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzen und den Wohlstand unserer Zivilisation nicht nur bewahren, sondern auf dem gesamten Globus vervielfachen. Man mag uns für verrückt erklären, doch wir sind überzeugt von der Kreativität und Gestaltungskraft des Menschen, die ihn aus der Steinzeit ins Zeitalter künstlicher Intelligenz geführt hat. In Zeiten wie diesen brauchen wir Mut, Willensstärke und Offenheit statt Panik, Angst und Verzweiflung. Wir brauchen keinen Systemwechsel, sondern die konsequente Anwendung liberaler Prinzipien, d.h. die Weiterentwicklung der Sozialen Marktwirtschaft zur Ökosozialen Marktwirtschaft.
I. Ein generationengerechtes Treibhauslimit
Wir wollen die Treibhausgasemissionen zügig drosseln und spätestens bis zum Jahr 2050 weltweit – in der Europäischen Union spätestens bis 2040 – Klimaneutralität erreichen. Für den Fall, dass auf europäischer Ebene keine Einigung erzielt wird, wollen wir mit einer Koalition der Willigen voranschreiten und von der verstärkten Zusammenarbeit gemäß Art. 20 EUV Gebrauch machen.
Deshalb fordern wir ein Gesamtlimit für alle Treibhausgase, welche in der Europäische Union noch emittiert werden dürfen, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Dieses Gesamtlimit muss auf einzelne Jahreslimits heruntergebrochen werden, die kontinuierlich sinken und schließlich im Jahr 2040 null erreichen. Alle emittierenden Sektoren (Energie, Industrie, Verkehr und Gebäude) müssen von diesem Limit erfasst sein. Dazu wollen wir den EU-Emissionshandel (EU ETS) reformieren, d.h. insbesondere auf die Sektoren Verkehr und Gebäude ausweiten. Bis zu einer europaweiten Umsetzung dieser Maßnahme, setzen wir uns für eine einseitige Ausdehnung des EU ETS auf besagte Sektoren in Deutschland ein.
Innerhalb der jährlich sinkenden Treibhauslimits müssen je nach Sektor die Emittenten von Treibhausgasen (Energie & Industrie) oder die Hersteller bzw. Importeure klimaschädlicher Brennstoffe (Verkehr & Gebäude) Emissionsrechte (Zertifikate) ersteigern und können mit diesen frei Handeln. Eine kostenlose Zuteilung von Zertifikaten darf es nicht mehr geben. Emittenten, die für ihre Emissionen keine Zertifikate vorlegen, müssen empfindlich sanktioniert werden, in letzter Konsequenz mit einer Einstellung des Betriebs. Überschüssige Zertifikate eines Jahres werden in die Marktstabilitätsreserve (MSR) überführt und können bei einem plötzlichen Anstieg des Zertifikatebedarfs zur Versteigerung freigegeben werden. Nach drei Jahren verfallen Zertifikate in der MSR.
Wir wollen Klimaschutz nicht missbrauchen, um die Staatskasse zu füllen. Sämtliche Einnahmen aus der Versteigerung von Zertifikaten sollen deshalb die Bürgerinnen und Bürger an anderer Stelle entlasten und in die Erforschung klimafreundlicher Technologien investiert werden. Konkret fordern wir daher die Abschaffung der Energiesteuer, der Stromsteuer und der Luftverkehrabgabe. Dies darf jedoch nicht zu dem Irrglauben führen, dass Klimaschutz kostenlos sei. Doch dürfen diese Kosten nicht höher, aber auch keinesfalls niedriger sein, als für einen effektiven Klimaschutz erforderlich. Die Kostentragungspflicht muss dabei stets den Verursacher treffen.
Ein europaweites Treibhauslimit kann nur der Anfang sein. Wir wollen ein Zusatzprotokoll zum Pariser Klimaabkommen vereinbaren, das ein globales Treibhauslimit bestimmt und dieses auf die einzelnen Staaten verteilt. Diese nationalen Limits sind für die Vertragsstaaten verbindlich. In nationalen Klimaaktionsplänen ist darzulegen, wie das jeweilige Limit eingehalten und spätestens bis 2050 Klimaneutralität erreicht werden soll. Bei Überschreitung des nationalen Treibhauslimits erfolgen Sanktionen. Wir regen andere Staaten an, dem Beispiel des EU ETS zu folgen und eigene Emissionshandelssysteme zu schaffen, die mit dem EU ETS verknüpft werden können. So wollen wir einen globalen Emissionshandel etablieren.
1. Energie
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz und das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz wollen wir mitsamt der EEG- und der KWK-Umlage für Anlagen, die neu an das Netz angeschlossen werden, abschaffen, . Stattdessen wollen wir ein Quotenmodell nach schwedischem Vorbild einführen. Dabei wird ein jährlich steigender Mindestanteil an Ökostrom bestimmt, der in das Stromnetz eingespeist werden muss. Die Energielieferanten müssen dies mit Grünstromzertifikaten nachweisen. Strom aus Speicherkraftwerken gilt als Ökostrom entsprechend der Menge an Ökostrom, die für den Betrieb des Kraftwerks bezogen wurde. Bei Nichterfüllung der Quote werden Strafzahlungen fällig. Dadurch wird künstlich eine Nachfrage nach erneuerbaren Energien erzeugt, innerhalb derselben entsteht jedoch ein Wettbewerb. Dadurch wollen wir den Anteil an erneuerbaren Energien im Strommix bis spätestens 2040 auf 100 % anheben. Dieses Quotensystem wollen wir mit vergleichbaren Systemen anderer Länder koppeln und schließlich in der gesamten EU einführen.
Die Installation von Photovoltaikanlagen auf Dächern wollen wir fördern, indem wir die Anschaffungs- und Installationskosten auch für Privatpersonen steuerlich absetzbar machen. Der Bau von Windkraft- und Biogasanlagen soll gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert sein, soweit kein Wald gerodet wird. Diese Maßnahmen sind bis 2050 zu befristeten.
Wir lehnen den teuren Plan der Bundesregierung für den Kohleausstieg entschieden ab. Bereits eine geringfügige Erhöhung des linearen Reduktionsfaktors im Rahmen des EU ETS ließe Kohlestrom unrentabel werden. Ein Kohleausstieg erfolgt dann schon lange vor 2038 ganz von allein und ohne teure Subventionen, die besser in Klimaschutz investiert werden sollten. Neue Genehmigungen für den Bau von Kohlekraftwerken und den Abbau von Kohle in Deutschland wollen wir nicht erteilen. Aus ehemaligen Braunkohlerevieren wollen wir Sonderwirtschaftszonen machen und Flächen sowohl für Renaturierung als auch Industrie und Gewerbe bereitstellen. Den Beschäftigten der Kohlebranche muss mit umfangreichen Um- und Weiterbildungsmaßnahmen eine neue berufliche Perspektive eröffnet werden.
Die Energiewende wird nur gelingen, wenn wir ausreichend Speicherkapazitäten schaffen, um überschüssigen Strom aus Wind- und Solarenergie zu speichern und bei Bedarf wieder ins Netz zu speisen. Solche Speicherkraftwerke (bspw. Pumpspeicherkraftwerke) sind derzeit unwirtschaftlich, da sie wie Letztverbraucher iSv. § 3 Nr. 25 EnWG behandelt werden und dementsprechend Netzentgelte zahlen müssen. Wir wollen Speicherkraftwerke wie Kraftwerke behandeln und somit von den Netzentgelten befreien.
Neben bestehenden Speichertechnologien setzen wir auch auf neue Methoden wie Power to Gas. Damit kann überschüssiger Ökostrom durch Elektrolyse in gasförmigem Zustand zwischengespeichert und bei Bedarf durch Gaskraftwerke wieder in das Netz eingespeist werden. Hierzu ist der Erhalt des deutschen und europäischen Gaspipelinenetzes unabdingbar. Der Transport von Gas ist, besonders über längere Distanzen, deutlich effizienter als der Transport in verstromter Form. Auch die Speicherung in Lithium-Ionen-Akkumulatoren (Batterien) ist möglich, doch bedarf es hierfür neuartiger Recyclingmethoden, um dies nachhaltig zu gestalten. Deshalb wollen wir in Niedersachsen eine Forschungseinrichtung für Batterien gründen, die eng mit den örtlichen Universitäten und der Automobilindustrie zusammenarbeitet.
Der Netzausbau scheitert vielerorts daran, dass Anwohnerinnen und Anwohner oberirdische Hochstromleitungen ablehnen, so auch bei der längst überfälligen Nord-Süd-Trasse. Wir fordern daher die Netze soweit möglich entlang bestehender Infrastruktur wie Autobahnen oder Bahntrassen zu bauen. Rechtliche Hürden diesbezüglich sind abzubauen. Dort, wo ein Querung von Wohnbebauung unvermeidbar ist, wollen wir Kommunen die Option eröffnen, die Leitungen auf Kosten der betroffenen Kommune unterirdisch zu verlegen.
Vielerorts werden aktuell Stromregelungen eingebaut um Lastspitzen auszuregeln. Damit wird besonders in intensiv genutzten Netzabschnitten die Leistung begrenzt. Das trifft besonders die Ladeinfrastruktur in Wohngebieten. Daher fordern wir, dass diese Begrenzungregelungen nur eine Übergangsregelung sein dürfen. Stattdessen muss auch der innerstädtische Netzausbau vorangetrieben werden. Dieser hat dabei in kritischen und belastungsintensiven Bereichen alle Anforderungen der Versorgungsredundanz zu erfüllen.
Der Energiemarkt ist einer der am schlechtesten entwickelten Binnenmärkte in der EU. Zur Etablierung eines gemeinsamen Marktes müssen mutige Maßnahmen zur Harmonisierung der verschiedenen Märkte ergriffen werden. Künftig sollen Energiekonzerne bei der Verweigerung der Durchleitung anderer Anbieter durch die eigenen Netze in der Pflicht sein nachzuweisen, dass tatsächlich eine Überlastung der Netze besteht. Durchleitungsgebühren dürfen fortan nur dem Selbstkostenpreis entsprechen. Neben rechtlichen Hürden müssen auch tatsächliche überwunden werden. Das Stromnetz in der EU muss ausgebaut werden. Wir wollen ein europäisches Supergrid schaffen, das die Auswirkungen der fluktuierenden Stromerzeugung durch Wind- und Solarenergie abfedert und Europa mit Nordafrika und dem Nahen Osten verbindet. Die Union für den Mittelmeerraum wollen wir vertiefen und so einen trans-mediterranen Energiemarkt schaffen, der die EU für Solarstrom aus der Sahara öffnet.
Damit die Stabilität des Supergrids sichergestellt ist fordern wir die Schaffung einer der geographischen Region entsprechenden Supergrid-Netzagentur. Diese muss mit den jeweiligen nationalen Agenturen im engen Austausch stehen, um Stabilitätskriterien krisensicher festzulegen. Dabei muss eine Reserveanhebung der Summe der nationalen Stabilitätskriterien eine Mindestanforderung sein. Eine Abtrennung von energieintensiven Industriezweigen zur Netzstabilisierung soll dabei nur im äußersten Notfall angeordnet werden dürfen, wobei eine Entschädigung an die Betroffenen zu entrichten ist.
2. Gebäude
In Deutschland verursachen Gebäude ca. 30 % der CO2-Emissionen. Dabei ließen sich viele dieser Emissionen vermeiden. Neue Gebäude müssen stets so errichtet werden, dass der Heizbedarf minimiert wird, ohne dass die hierzu notwendigen Kosten außer Verhältnis zu den erzielten Emissionseinsparungen stehen. Die Dämmvorschriften für Gebäude wollen wir dahingehend überprüfen. Jeder künftigen Reform muss eine transparente und unvoreingenommene Kosten-Nutzen-Analyse vorangehen.
Bei bestehenden Gebäude wollen wir die Anreize für energetische Sanierungen erhöhen. Energieberatungen und energetische Sanierungen müssen vollständig steuerlich absetzbar sein und Letztere mit günstigen Krediten durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau gefördert werden. Aus energetischen Sanierungen dürfen auch weiterhin keine direkten Mehrkosten für Mieterinnen und Mieter entstehen. Für Menschen mit niedrigerem Einkommen wollen wir einen Fonds schaffen, der energetische Sanierungen zusätzlich fördert. Mit diesen Maßnahmen wollen wir auch den Umstieg von Öl- auf Gasheizungen oder Fernwärme fördern. In Neubauten wollen wir Ölheizungen ab 2021 verbieten. Fernwärme wollen wir attraktiver machen, indem wir die maximale Vertragslaufzeit auf 24 Monate begrenzen, sofern die notwendige Lieferinfrastruktur bereits besteht.
Das Bauen mit Holz wollen wir vereinfachen, indem wir die dahingehenden Änderungen der Musterbauordnung in die Niedersächsische Bauordnung übertragen.
3. Verkehr
Die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor sind in den vergangenen Jahren nur unzureichend gesunken. Deshalb ist es höchste Zeit eine ökologische Mobilitätswende einzuleiten, nicht mit Zwang, sondern mit einer Verbesserung nachhaltiger Angebote. Dabei gilt es die Vereinbarkeit der verschiedensten Mobilitätsträger sicherzustellen. Auch der VW-Käfer soll in 50 Jahren noch als Oldtimer auf der Straße fahren dürfen genauso wie das autonome Wasserstofffahrzeug.
Ökologische Nachhaltigkeit ist Auftrag und Verpflichtung zugleich. Deshalb wollen wir analog zur unentgeltlichen Schülerbeförderung für die Sekundarstufe I, auch den Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe II, d.h. auch Auszubildenden, unabhängig vom Wohnort die unentgeltliche Nutzung des ÖPNV ermöglichen. Diese Regelung gilt auch für Bezieher von Transfer- und Sozialleistungen. Ferner setzen wir uns zugunsten von Studierenden für eine Ausweitung des landesweiten Semestertickets auf den ÖPNV ein. Konkret fordern wir, dass nach Ablauf des aktuellen Vertrages zwischen den Studierendenschaften und der Deutschen Bahn im Jahr 2021 bei den Neuverhandlungen auch die Bus-, U-Bahn- und Straßenbahnstrecken der anderen Universitätsstandorte in Niedersachsen einbezogen werden.
Mit einer stärkeren ÖPNV-Förderung des Landes, wollen wir den Kommunen mehr Möglichkeiten zur Entwicklung regionaler Mobilitätskonzepte geben. Beim Ausbau der Streckennetze und Anbindungen liegt unser Fokus dabei auf Stadt und Land gleichermaßen. Wir sehen hier auch das Potenzial autonom fahrender Busse. Alte stillgelegte Bahnstrecken wollen wir reaktivieren und auch für alternative Mobilitätssysteme öffnen.
Schließlich setzen wir uns für eine insektenfreundliche Begrünung von Bushaltestellen und öffentlichen Gebäuden und Plätzen ein.
Um die Vernetzung der verschiedensten Verkehrsträgern so gut wie möglich zu gestalten, setzen wir uns für zentrale Park & Ride-Plätze in allen Kommunen ein. Neben einer ausreichenden Anzahl an Fahrradstellplätzen sind an Bahnhöfen auch kostengünstige Pkw-Parkplätze auszuweisen.
Wer statt dem Auto auf das Fahrrad zurückgreift tut nicht nur der Umwelt, sondern auch seiner persönlichen Gesundheit etwas Gutes. Deshalb wollen wir die Attraktivität des Fahrrads steigern. Dafür muss Fahrradfahren sicherer werden. Deshalb wollen wir den Neubau und die Sanierung von Radwegen zu 50 % aus Landesmitteln fördern, ohne dass eine Mindestinvestition vorliegen muss. Für Radwege ab einer Breite von fünf Metern sollen sogar ein Zuschuss in Höhe von 60 % anfallen. Förderanträge können digital eingereicht werden und sind nach spätestens sechs Monaten zu bescheiden. Innerhalb geschlossener Ortschaften sind Radwege baulich von der Straße zu trennen, sofern dies nach den örtlichen Gegebenheiten möglich und erforderlich ist; ob durch Kantensteine oder Poller, bleibt der Kommune überlassen. Wie in Berlin sollen innerhalb von Städten sichere Radwege grün und gefährlicher rot markiert werden, um sowohl Rad- als auch Autofahrer zu warnen. Straßensanierungen wollen wir stets zum Anlass nehmen die Fahrradfreundlichkeit zu überprüfen und z.B. durch Haltestangen an Ampeln zu erhöhen. Überlandradwege wollen wir mit LED-Laternen ausstatten, die von Bewegungsmeldern aktiviert werden.
Bahnhöfe sind leider häufig ein Kriminalitätshotspot. Wer sein gerne Fahrrad für die letzte Meile benutzen will, ist sich daher häufig nicht sicher, ob sich sein Fahrrad bei der Rückkehr noch an Ort und Stelle befindet. Deshalb setzten wir uns für Fahrradparkhäuser in ausreichender Größe an jedem Bahnhof ein, sofern dies erforderlich und sinnvoll ist. An anderen Verkehrsknotenpunkten fordern wir die Kommunen auf, feste Fahrradständer zu errichten.
Die Welt der individuellen Mobilität wird sich in den kommenden Jahrzehnten drastisch verändern. Kraftfahrzeuge als Vehikel der Freiheit stellen dabei einen integralen Bestandteil der ökologische Mobilitätswende dar. Daher fordern wir die Abschaffung der Umsatzsteuer für E- und Wasserstoffautos sowie den Wegfall derselben bei E-Fuels und Biokraftstoffen. Diese Maßnahmen sind bis 2050 zu befristeten.
Für Kraftfahrzeuge mit diesen neuen Antriebstechniken, benötigen wir eine flächendeckende Ladeinfrastruktur für Wasserstoff und E-Mobilität. Deshalb soll jede Tankstelle zum Bau von mindestens einer Wasserstoffzapfsäule und zwei E-Ladestationen verpflichtet werden. E-Autos müssen verpflichtet werden, Informationen über Ladezustand, Ladeleistungsanfrage und Ladezyklen an die Ladesäule zu liefern. Dies ist für das Stromnetz und die Energieversorger wichtig. So lässt sich besser entscheiden, welche Ladesäule, welchen Anteil der möglichen Leistung, erhält. Mit einem digitalen Tankstellenregisterwollen wir das Auffinden von Ladestationen und Wasserstofftankstellen erleichtern. Das Register soll Belegung sowie Ladegeschwindigkeit darstellen und per App jederzeit in Echtzeit abrufbar sein. Initiativen von Kommunen, E- und Wasserstoffautos kostenlos parken zu lassen, begrüßen wir. E-Ladestationen sollen für Privathaushalte bis 2050 steuerlich absetzbar sein. Schließlich soll auf jedem zehnten öffentlichen Parkplätzen eine E-Ladestation stehen.
Deutschlands Fahrzeuge werden intelligenter. Mit immer umfassenderen Hilfsmitteln, wie z.B. Einparkhilfen, Stop-&-Go-Funktionen oder Spurwechselassistenten, wird das Autofahren enorm erleichtert. Autonomes Fahren wird in den kommenden Jahren eine noch größere Rolle übernehmen. Hier muss die Gesetzeslage auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden. Wir fordern deshalb eine Harmonisierung der europäischen Rechtslage für automatisiertes und autonomes Fahren. Die Zusammenarbeit mit einem Ethikkomitee halten wir hier für essenziell. Dank besserer Fahrweisen durch Autonomie erhoffen wir uns auch Emissionseinsparungen. LKW können dann ihren gegenseitigen Windschatten besser ausnutzen und werden so effizienter. Unfälle oder Staus können nahezu komplett vermieden werden. Trotz der hohen Erwartungen bleiben wir realistisch. Vor allem in Grenzsituationen wie starkem Regen, Nebel oder Schneefall braucht es zurzeit immer noch einen Menschen am Steuer.
Ständiges Bremsen, Wiederanfahren und Beschleunigen erhöht den Spritverbrauch und damit den CO2-Ausstoß. Wir setzen uns daher für intelligente Ampelsysteme ein, die einen konstanten Verkehrsfluss ermöglichen.
Carsharing reduziert die Anzahl der Autos in den Städten und auf den Straßen und damit auch klimaschädliche Emissionen. Vor allem in Großstädten kann ein breites Angebot von Carsharing-Optionen zu einer freiwilligen Abschaffung des eigenen Autos führen. Daher wollen wir bestehende rechtliche Hürden beseitigen und das Taxigewerbe liberalisieren.
Der Schienenverkehr in Deutschland ist in einem katastrophalem Zustand. Es ist kein Wunder, dass hohe Preise, niedrige Geschwindigkeiten, regelmäßige Zugausfälle und Verspätungen die Menschen in Auto und Flugzeug treiben. Nur eine konsequente Wettbewerbspolitik und nicht staatliche Planwirtschaft, kann diese Probleme lösen. Deshalb fordern wir, die Deutsche Bahn AG in Betrieb (v.a. DB Fernverkehr AG, DB Regio AG und DB Cargo AG) und Netz (v.a. DB Netz AG) aufzuspalten. Den Betrieb wollen wir vollständig privatisieren, während das Netz als eigene Aktiengesellschaft in teilstaatlicher Hand verbleiben soll, d.h. private Investoren können sich mit bis zu 49 % beteiligen. Die einzelnen Bahnhöfe der DB Station&Service AG wollen wir den Kommunen übereignen, welche auch die Möglichkeit haben, diese zu privatisieren.
Die Trassenpreise sollen grundsätzlich die tatsächlichen Kosten für Betrieb, Instandhaltung und den Bau neuer Trassen sowie die anstehende Elektrifizierung des bestehenden Streckennetzes decken. Dort, wo eine Elektrifizierung nicht rentabel ist, müssen alternative klimaneutrale Antriebstechniken wie Wasserstoff oder E-Fuels zum Zug kommen. Der Staat muss hier rechtzeitig über den Bedarf informieren. Die Entwicklung dieser Technologien fällt jedoch in die Verantwortung der Eisenbahnunternehmen.
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) muss sicherstellen, dass im Schienenverkehr gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen. Kein Eisenbahnunternehmen darf vom Staat oder einem Netz- oder Bahnhofsbetreiber bevorzugt oder benachteiligt werden. Falls notwendig kann die BNetzA die privatisierten Unternehmen aufgrund ihrer früheren Monopolstellung als Universaldienstleister in die Pflicht nehmen, bestimmte nicht rentable Strecken zu bedienen.
Eine echte Alternative zu Kurzstreckenflügen kann die Bahn nur werden, wenn auch die Geschwindigkeiten deutlich erhöht werden. Dazu müssen die europäischen Standards für Schnellfahrstrecken und -züge weiter vereinheitlicht und bis 2030 vollständig harmonisiert werden. Der Streckenneubau muss entbürokratisiert und in der Raumplanung bevorzugt werden. Getrennte Strecken für Schnellzüge und Güterverkehr müssen möglich sein und soweit zweckmäßig geschaffen werden. Die Magnetschwebebahn (Transrapid) wollen wir wiederbeleben und auch dem Hyperloop stehen wir offen gegenüber. Auch hier gilt es, einheitliche EU-Standards für die Zulassung zu schaffen. Die für 2023 geplante Überarbeitung der Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) wollen wir nutzen, um die Zielgeschwindigkeit für Schnellfahrstrecken auf 360 km/h und die Mindestgeschwindigkeit auf 300 km/h bzw. auf 230 km/h für besondere geographische Gegebenheiten anzuheben sowie Transrapid und Hyperloop miteinzubeziehen. Mittelfristig streben wir an, alle deutschen Großstädte mit über 200.000 Einwohnerinnen und Einwohnern über Schnellfahrstrecken zu verbinden.
Ein weiterer Wettbewerbsnachteil der Bahn gegenüber dem Flugverkehr besteht in der fehlenden Anschlussgarantie beim Wechsel des Verkehrsmittels, also bspw. von Zug auf Fernbus. Deshalb wollen wir die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 dahingehend anpassen, dass Eisenbahnunternehmen in voller Höhe für den Schaden eines verpassten Anschlusses infolge einer Zugverspätung oder eines Zugausfalls haften müssen.
Letztlich müssen die Eisenbahnunternehmen vor allem eigene Maßnahmen ergreifen, um die Attraktivität zu steigern. Die Etablierung von getrennten Familien- und Ruheabteilen ist dabei eine Möglichkeit, genau wie die flächendeckende Versorgung mit WLAN und Steckdosen.
Wir Jungen Liberalen setzen uns auch im Flugverkehr für Nachhaltigkeit ein. Dank Flugzeugen können heutzutage selbst große Distanzen in relativ kurzer Zeit überwunden werden. Damit trägt das Fliegen in hohem Maße zur Völkerverständigung bei. Flugverbote lehnen wir daher ab. Stattdessen wollen wir die Luftfahrtindustrie vollständig ins EU ETS integrieren, d.h. 2040 muss der Verbrauch von konventionellen klimaschädlichen Kraftstoffen bei netto null liegen. Zu diesem Zwecke wollen wir in Niedersachsen eine Produktionsstätte für synthetisch erzeugtes Kerosin aufbauen. Ein entsprechendes Forschungsprogramm der Universität Bremen, welches CO2 aus der Atmosphäre zieht und es mit Strom zu Kerosin umwandelt, ist zu unterstützen. Massenproduktion auf freien, küstennahen Flächen in Niedersachsen schafft nebenbei noch Arbeitsplätze und stärkt die Attraktivität von großstatdfernen Kommunen. Die Nähe zu OffShore Windparks lässt diese Kraftstoffe nicht nur klimaneutral werden sondern bedeutet auch einen großen Standortvorteil in Bezug auf die Distanz zwischen Energieproduktion und Umwandlung. Für innereuropäische Flüge gilt der EU ETS bereits. Wir wollen aber auch den internationalen Luftverkehr miteinbeziehen. Airlines, die in Europa abheben bzw. landen wollen, müssen sowohl für Hin- und Rückflug Emissionszertifikate erwerben. Sie können sich für den Hinflug jedoch die Differenz zwischen den Kosten der Zertifikate und eventuellen Steuern und Abgaben auf Treibhausgase in ihrem Herkunftsstaat erstatten lassen.
Dasselbe Prinzip wollen wir auch im Schiffsverkehr anwenden, d.h. jedes Schiff, das in einem europäischen Hafen anlegen will, muss für seine Emissionen auf der zurückgelegten Strecke Emissionszertifikate erwerben. Der Nachweis erfolgt über das Fahrtenbuch. Analog zur Luftfahrt wird die Differenz zu außereuropäischen Treibhausabgaben und -steuern erstattet.
4. Landwirtschaft
Im Jahr 2017 hatte die Landwirtschaft in Deutschland einen Anteil von 7,1 % an den Treibhausgasemissionen. Diese Emissionen sind überwiegend auf natürliche Verdauungs- und Ausscheidungsprozesse von Nutztieren sowie auf die veränderte Bodennutzung zurückzuführen. Einsparungen gestalten sich deshalb schwierig, sind aber möglich.
Neben einer Steigerung der Effizienz bietet auch eine bedarfsgerechtere Verteilung von Lebensmitteln eine Möglichkeit, Emissionen einzusparen. Denn, wenn auf weniger Fläche ein höherer Ertrag erzielt wird, können auf frei werdenden Flächen neue Wälder und Moore entstehen oder wiederhergestellt werden, die CO2 binden. Zumindest aber kann der zukünftige Bedarf an neuen Agrarflächen begrenzt werden. Deshalb fordern wir die Legalisierung gentechnisch veränderter Pflanzen. Vorurteilen gegenüber Gentechnik wollen wir mit Bildung und Aufklärung begegnen. Grüne und auch andere Formen der Gentechnik müssen im Lehrplan für Biologie fest verankert sein.
Eine weitere Möglichkeit, um die Effizienz auf dem Acker zu steigern, ist der exakte Einsatz von
Pflanzenschutzmitteln. Der Reduktion der Erntemenge pro Fläche, die beim Verzicht auf Pflanzenschutzmittel ensteht, hat den doppelt negativen Effekt, dass auf der begrenzten Fläche mit begrenzten Ressourcen weniger erzeugt wird. Deswegen werden neue innovative Mittel benötigt, die den Verlust von Erntemenmengen minimieren. Zum nötigen Erhalt der Bodenstruktur mit Bindung von CO2 muss auch das Totalherbizig Glyphosat eine längere Zulassung erhalten.
Produzierte Lebensmittel müssen auch effizienter verwendet werden. Deshalb wollen wir Lebensmittelverschwendung begrenzen, indem wir die EU-Vermarktungsnormen für Obst und Gemüse abschaffen. Das Spenden von Lebensmitteln, einschließlich solcher die das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben, wollen durch eine Erleichterung der Haftung nach dem Vorbild der italienischen „Good Samaritan Law” fördern.
Die Jungen Liberalen sehen großes Potential in der energetischen Nutzung von biologischen Reststoffen und möchten auf Grund dessen die regionale Nutzung attraktiver machen. Maßnahmen dazu sind zum Beispiel der Vereinfachung von Bauvorschriften für Gaserzeugungsanlagen und Mikrogasnetze. Darüber hinaus muss eine freie Vermarktung den Erzeuger ermöglicht werden. Im Fall von ökonomischen Hürden bei der Umsetzung von Resstoffen in Energierzeugnisse ist eine Entlohnung über das ETS zu prüfen.
Emissionen können auch durch eine Umstellung der Futtermittel reduziert werden. Tiermehl stellt eine klimafreundliche Alternative zu Soja dar, ist in der EU infolge des BSE-Skandals jedoch verboten. Dabei lässt sich Tiermehl vollkommen risikofrei als Futtermittel verwenden, wenn etwaige Krankheitserreger durch Erhitzung unter hohem Druck abgetötet, die Verfütterung an Pflanzenfresser verboten bleibt und ausschließlich Tiermehl aus Schlachtabfällen gesunder Tiere verwendet wird. Neben Tiermehl stellt auch Insektenmehl eine klimafreundliche Alternative dar. Auch hier setzen wir uns deshalb für eine Zulassung als Futtermittel für Nutztiere auf EU-Ebene ein. Die Klimabilanz von Insektenmehl fällt insbesondere positiv aus, wenn die Insekten – wie im natürlichen Kreislauf des Lebens – mit Exkrementen gefüttert werden. Pilotprojekte in Kenia liefern hier positive Ergebnisse. Deshalb fordern wir die EU-Kommission auf, diese Möglichkeit zu prüfen und, falls keine gesundheitlichen Bedenken bestehen, zuzulassen.
Technischen Innovationen und alternativen Lebensmitteln stehen wir offen gegenüber. Deshalb wollen wir die Entwicklung von In-vitro-Fleisch fördern und dieses bei Marktreife zügig zulassen und wie herkömmliches Fleisch lediglich mit einer Umsatzsteuer von 7 % besteuern. Auch die Umsatzsteuer für Speiseinsekten wollen wir auf 7 % senken.
Der Verzehr von Insekten (Entomophagie) stellt mit einem hohen Proteinanteil, ungesättigten Fettsäuren, Ballaststoffen und Mikronährstoffen, wie z.B. Kupfer, Eisen, Magnesium, Mangan, Phosphor, Selen und Zink ein reichhaltiges Nahrungsmittel in der Ernährung des Menschen dar. Es hat auch den Vorteil einer umweltfreundlicheren Produktion im Vergleich zur gleichen Grammzahl an z.B. Rindfleisch durch weniger Treibhausgasemissionen, Wasserverbrauch und Platz. Während gegrillte Käfer und schokolierte Heuschrecken in vielen Ländern schon Alltag sind, gibt es auch hierzulande erste Insekten-Produkte in Supermärkten und Restaurants. Bei der Insektenzucht fehlen noch Erkenntnisse und Regelungen seitens der Veterinärämter – vor allem für die Haltung, Tötung und Zulassung verarbeitender Betriebe in Deutschland. Das stellt das größte Problem im Handel von Insekten dar in Deutschland.
Somit ist Forschung erforderlich, um kosteneffektive, energieeffiziente und mikrobiell sichere Zucht-, Ernte- und Nachernteprozesstechnologien sowie Hygienemaßnahmen zu entwickeln und zu automatisieren, um Lebens- und Futtermittelsicherheit zu gewährleisten und sichere Insektenprodukte zu einem vernünftigem Preis in industriellem Großmaßstab, besonders im Vergleich zu Fleischprodukten, herzustellen. Diese wollen wir fördern, um die Möglichkeit zu bieten, Insekten in den Speiseplan aufzunehmen.
Eine höhere Besteuerung von Fleisch lehnen wir dagegen ab. Allerdings wollen wir die Tierschutzstandards europaweit anheben und vereinheitlichen. Hierbei ist der Dialog zwischen Politik und Agrarwirtschaft zwingend notwendig, um die Praxistauglichkeit der Vorschriften zu gewährleisten. Ferner setzen wir auf eine bessere Aufklärung. Gerade Kinder und Jugendliche müssen über eine gesunde und ausgewogene Ernährung informiert werden. Die beste Prävention, um ernährungsassoziierte Krankheiten wie Diabetes Mellitus Typ II, Adipositas oder Hypertonie vorzubeugen, die auch Vorstufe vieler weiterer Krankheiten sind, ist die bereits im Kindesalter eingreifende Ernährungsbildung. Dazu wollen wir nicht nur Ernährungswissenschaften in den Biologieunterricht integrieren, sondern auch als eigenständiges Wahlfach anbieten, das auch Praxisinhalte, wie die richtige Zubereitung der Nahrung vermittelt.
5. Freihandel und Entwicklungszusammenarbeit
Die Freihandelsabkommen (FTA) zwischen der EU und Mercosur sowie der EU und Kanada (CETA) wollen wir ratifizieren. Denn Freihandel und Klimaschutz müssen nicht im Widerspruch zueinander stehen. Vielmehr kann das Gegenteil der Fall sein, denn Freihandel ermöglicht die effizienteste Allokation von Ressourcen und damit auch die effizienteste Reduktion von Treibhausgasen. Einzige Voraussetzung hierfür ist, dass die Treibhausgasemissionen beider Handelspartner Berücksichtigung finden. In der EU wird dies durch den Emissionshandel garantiert, am besten wäre daher ein globaler Emissionshandel. Solange sich dieser nicht verwirklichen lässt, wollen wir in künftig zu verhandelnden Freihandelsabkommen (FTA) bilaterale Verpflichtungen auf Treibhauslimits vereinbaren, welche dem 1,5-Grad-Ziel genügen. Eine Verletzung dieser Verpflichtungen muss einen effektiven Sanktionsmechanismus in Gang setzen, der notfalls auch Handelserleichterungen aus dem FTA vorübergehend außer Kraft setzt. Falls eine Vertragspartei aus einem internationalen Klima- oder Waldschutzabkommen aussteigt, muss eine ,Guillotine-Klausel greifen. Bei bestehenden FTAs soll entsprechendes über Zusatzprotokolle vereinbart werden, gegebenenfalls in Kombination mit zusätzlichen Handelserleichterungen.
Die Entwicklungszusammenarbeit soll sich an den Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen orientieren. Allerdings müssen die SDG auf multilateraler Ebene hinsichtlich ihrer Realisierbarkeit für Entwicklungsländer überprüft werden. Neben Umweltaspekten müssen schließlich auch soziale und wirtschaftliche Aspekte angemessen berücksichtigt und miteinander abgewogen werden. Die Priorität muss dennoch darin bestehen, eine möglichst nachhaltige Entwicklung von Beginn an sicherzustellen.
6. Klimanotstand
Wer einen Notstand ausruft, muss auch dementsprechend handeln. Eine symbolische Verwendung des Begriffs lehnen wir ab. Der Klimanotstand soll das politische Handeln vollständig auf den Klimaschutz ausrichten. Zwar ist Klimaschutz unbestreitbar bedeutend, doch auch soziale Projekte, der Bau von Kitas oder die Sanierung maroder Schulgebäude sind dies. Eine Vernachlässigung dieser Bereiche schadet lediglich der gesellschaftlichen Akzeptanz der Klimapolitik. Deshalb lehnen wir das Ausrufen eines Klimanotstands ab.
II. Negative Emissionen
Die Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius ist nicht allein durch eine Reduktion der Treibhausgasemissionen möglich. Der Weltklimarat hat festgestellt, dass hierfür insgesamt 810 Gigatonnen CO2 der Atmosphäre wieder entzogen werden müssen.
Deshalb wollen wir Anreize schaffen, Kohlenstoffdioxid und andere Treibhausgase mit natürlichen und technischen Methoden der Atmosphäre zu entziehen. Für jede Tonne CO2-Äquivalent, das der Atmosphäre entzogen wird, erhält die/der Entziehende kostenlose Emissionszertifikate aus der bestehenden Gesamtmenge an Zertifikaten. Der Treibhauslimit erhöht sich somit nicht. An welchem Ort auf der Erde das Treibhausgas gebunden wird, spielt keine Rolle. Dies soll nicht gelten, wenn der Entzug von CO2 ausschließlich Teil eines nachhaltigen Wirtschaftsprozesses auf bereits bestehenden Flächen ist, wie in der Forstwirtschaft.
1. Natürliche CO2-Speicher
Der überwiegende Teil des CO2, das wir in die Atmosphäre ausstoßen, wird von natürlichen CO2-Speichern gebunden. Neben Wäldern gehören dazu auch Moore und Seegraswiesen. Der Schutz dieser Biotope und ihre Vergrößerung sind daher notwendige Instrumente des Klimaschutzes.
Deutschlands Waldbestände sind nach einem kontinuierlichen Abwärtstrend seit Beginn des 20. Jahrhunderts wieder angestiegen. Dies ist vor allem auf schnellwachsende Bäume wie Fichte oder Kiefer zurückzuführen. Allerdings sind solche Monokulturen deutlich anfälliger für Schädlinge und Wetterextreme als die in unseren Breitengraden natürlich vorkommenden Mischwälder. Deshalb fordern wir eine sukzessive Transformation hin zu Mischwäldern. Hierbei ist der Staat gefordert, in seinen eigenen Wälder mit gutem Beispiel voranzugehen.
Auch Waldschutz muss global betrieben werden. Wir fordern daher die Schaffung einer Internationalen Konvention für Aufforstung sowie den Schutz der Wälder, Moore und Seegraswiesen. Deren Vertragsstaaten müssen sich verpflichten, jede Waldrodung mit der Aufforstung einer gleichwertigen Fläche zu kompensieren. Zudem ist eine Internationale Aufforstungskommission zu schaffen, die ein globales Flächenkataster für aufforstbare Flächen, die nicht landwirtschaftlich genutzt oder besiedelt sind, erstellt und regelmäßig aktualisiert. Naturschutzverbänden und Unternehmen wird so die Aufforstung erleichtert. Gleichzeitig müssen die Vertragsstaaten verpflichtet sein, unter Berücksichtigung ihrer zukünftigen Bevölkerungsentwicklung bis spätestens 2050 alle aufforstbaren Flächen auch tatsächlich aufzuforsten. Wie sie dies umsetzen, bleibt ihnen überlassen. Staaten mit besonders hohem Aufforstungspotential im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl müssen dabei von Staaten mit niedrigem Potential unterstützt werden. Mit Mooren und Seegraswiesen ist entsprechend verfahren.
Eine Möglichkeit um große Mengen von CO2 natürlich zu binden bietet die Landwirtschaft. Die Jungen Liberalen unterstützen die Forschungsansätze zur Züchtung von Mais und Weizenpflanzen, die CO2 im Wurzelbereich speichern und erst sehr langsam wieder freigeben. Um die organische CO2-Bindung in den wichtigsten weltweiten Agrarpflanzen möglich zu machen soll die Forschung dieser Thematik finanziell unterstützt werden. Bei Marktfähigkeit dieser Pflanzen soll eine gebündelte Aufnahme in das ETS als Zertifikat-Emittent geprüft werden.
Agrarprodukte aus Ländern, in denen regelmäßig illegale Waldrodungen stattfinden, müssen mit einen Herkunftsnachweis versehen sein. Dadurch soll erkennbar sein, ob ein Produkt von einer gerodeten Fläche stammt oder nicht. Die Verpflichtung zur Beweisführung trifft den Importeur. Falschangaben müssen empfindlich sanktioniert und die Einfuhr von Produkten, die illegal gerodeten Flächen entstammen, verboten werden. Vor dem Hintergrund der Ermordungen von Förstern in Rumänien, sollen solche gefährdete Forstbereiche zukünftig ggf. durch internationale Unterstützung unter besonderen Schutz gestellt werden.
Die Gewinnung von Palmöl ist in Südostasien maßgeblich für die Rodung des Regenwaldes verantwortlich, doch bisherige Alternativen wie Raps- oder Kokosnussöl haben eine noch schlechtere Klimabilanz. Wir wollen deshalb in die Erforschung potenzieller klimafreundlicher Alternativen wie Algenöle, Hefe-Öle, Bio-Tenside und Insektenbutter investieren.
Ein großer Wal bindet in seinem Leben nicht nur durchschnittlich 33 Tonnen CO2, sondern seine Ausscheidungen beflügeln auch das Wachstum von Plankton, welches ebenfalls große Mengen an CO2 absorbiert. Eine Erholung der Walbestände leistet daher einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz. Deshalb wollen wir das Internationale Übereinkommen zur Regelung des Walfangs überarbeiten. Der Walfang zu wissenschaftlichen Zwecken muss streng kontrolliert werden. Entsprechende Sondergenehmigungen dürfen ausschließlich von der Internationalen Walfangkommission erteilt werden. In neuen FTAs muss die EU die Verpflichtung zur Achtung des Walfangübereinkommens integrieren.
2. Technische CO2-Speicher
Direct Air Capture (DAC) ist eine der neuesten Technologien, die uns im Kampf gegen den Klimawandel zur Verfügung steht. DAC entzieht der Luft CO2 und verwandelt es in Pellets, die sich entweder weiterverarbeiten oder unterirdisch lagern lassen. Aus dem gesammelten und verarbeiteten CO2 können emissionsneutrale Roh- und Kraftstoffe hergestellt werden. Wir fordern daher steuerliche Anreize für Investitionen in DAC-Technologien zu schaffen. So können Emittenten ihren CO2-Fußabdruck verringern oder gar ausgleichen.
Kraftwerke und Industrieanlagen können sogar negative Emissionen erzeugen – mit BECCS-Technologien. Hier wird in industriellen Prozessen Biomasse verbrannt, welche während ihrer Wachstumsphase CO2 speichert. Das bei der Verbrennung ausgestoßene CO2 wird gespeichert und wiederverwertet.
DAC-Anlagen sind industrielle Großprojekte und in Innenstädten schwer umsetzbar. Damit die Entnahme von CO2 auch in Städten möglich wird, brauchen wir DAC-Anlagen in kleineren Formaten, wie zum Beispiel Algensäulen. Die darin enthaltenen Mikroalgen verfügen über ein enormes Potential CO2 zu binden und damit zu neutralisieren.
3. Geologische CO2-Speicher
Genauso wichtig wie die Entnahme von CO2 aus der Luft, ist die anschließende geologische Speicherung, denn nur so kann absorbiertes, aber nicht weiterverwendetes CO2, dauerhaft unschädlich gemacht werden. Bei der geologischen Speicherung wird CO2 in gasdichten Bodenformationen eingeschlossen. Hierzu braucht es Lagerstätten für eine vorübergehende oder endgültige Lagerung. In Betracht kommen beispielsweise leere Gesteinsformationen an Land sowie auch unter dem Meeresgrund. Konkret wollen wir deshalb die Nutzung von leeren Öl- und Erdgasfeldern in der Nordsee ermöglichen.
4. Geoengineering
Wir Jungen Liberalen stehen neuen Technologien grundsätzlich offen gegenüber, sind aber nicht blind für mögliche Risiken. Im Kampf gegen den Klimawandel schließen wir daher auch Geoengineering, d.h. die zielgerichtete Beeinflussung des Klimas, nicht von vornherein aus. Als vielversprechend könnte sich z.B. das Anregen von Algenwachstum durch gezielte Düngung der Weltmeere mit Eisensulfat herausstellen. Wir sprechen uns daher für eine verstärkte Erforschung solcher Technologien aus. Vor einem Einsatz müssen mögliche Risiken jedoch erforscht und abschätzbar sein. Zudem bedürfen großflächige Anwendungen von Geoengineering stets die Zustimmung der internationalen Gemeinschaft.
III. Klimaschutz durch Innovation
Die Hoffnung auf zukünftige Innovationen darf kein Grund sein, nicht schon heute alles zu unternehmen, um die globale Erderwärmung zügig zu stoppen. Doch haben neue Technologien das Potential Klimaschutz noch effektiver und noch effizienter zu gestalten. Deshalb fordern wir die Gründung einer Europäischen Agentur für Sprunginnovationen, die sich vor allem auf die Erforschung von Schlüsseltechnologien wie CO2-Speicher, Kernfusion oder Supraleiter konzentriert, welche im Kampf gegen die globale Erwärmung entscheidend werden könnten. Die Agentur soll unabhängig und ohne Denkverbote in alle Richtungen forschen und mit Universitäten, Unternehmen und Forschungseinrichtungen anderer Länder kooperieren können. Sie ist mit umfangreichen Mitteln aus dem EU-Haushalt auszustatten, wobei wir uns dafür einsetzen, dass Deutschland zusätzliche Mittel bereitstellt. Stellt die Agentur rechtliche Hürden fest, so kann sie einen Bericht mit Handlungsempfehlungen erstellen, über den das Europäische Parlament beraten muss.
Innovation beginnt in der Schule. Die Schülerinnen und Schüler, welche heute zurecht demonstrieren, müssen die Ingenieure, Naturwissenschaftler und Unternehmer der Zukunft sein, die neue Lösungen im Kampf gegen die globale Erderwärmung entwickeln. Deshalb müssen der Klimawandel und seine Auswirkungen sowie potenzielle Bekämpfungsstrategien in das Curriculum der natur- und geisteswissenschaftlichen Fächer integriert werden. Außerdem sollen Schulen beim Aufbau von Arbeitsgemeinschaften mit ökologischem Hintergrund unterstützt werden.
Schließlich zählen wir auch auf ökologischen Startups, um neue Ideen zu entwickeln und in der Praxis umzusetzen. Deshalb fordern wir ein niedersächsisches Förderprogramm, das diesen Startups Risikokapital nach dem Vorbild des israelischen Yozma-Programms bereitstellt.