04.07.2024

Klimaschutz endet nicht an der Grenze: CO2-Grenzausgleichssystem unterstützen

Seit Mai 2023 ist die Verordnung der Europäischen Union zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichsystems in Kraft. Sie soll verhindern, dass europäische Unternehmen aufgrund zu starker Wettbewerbsnachteile durch einen harten Emissionshandel aus Europa abwandern oder ihre Produktionen verlagern. Um das Problem der globalen Wettbewerbsverzerrrung zwischen EU-Ländern mit strikten Kohlenstoffemissionsregularien und Staaten ohne Klimaschutzambitionen zu beheben, wird nach dem europäischen CO2-Grenzausgleich ein Preis an der europäischen Außengrenze für bestimmte Importprodukte erhoben. Der Ausgleich des sog. „carbon leakage“-Effekts erfolgt durch den Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) wie folgt: 

Importeure von Gütern müssen ab 2025 auf einem sekundären Markt mit CO2-Zertifikaten (analog zu dem bestehenden Markt des EU-ETS 1 und EU-ETS 2) Genehmigungen erwerben, die das im Heimatland der Produktion ausgestoßene CO2 an der europäischen Außengrenze kompensieren. Der Preis für ausländische Unternehmen, ihre Produkte auf dem europäischen Markt anzubieten, wird so künstlich angehoben. Im Idealfall führt dies dazu, dass ein ausländisches Unternehmen seine Produkte zum gleichen Preis vertreiben muss, den es bei Produktion gemäß europäischer Emissionsvorschriften aufgrund höherer Produktionskosten hätte erheben müssen. Der Kostenvorteil der ausgelagerten Produktion beziehungsweise der Wettbewerbsvorteil ausländischer Unternehmen wird so ausgeglichen. 

Ausnahmen gelten für Unternehmen in Staaten, die bereits eine Bepreisung von CO2-Emissionen eingeführt haben. Diese können teilweise bis vollständig von der Pflicht des Genehmigungserwerbs an der EU-Außengrenze befreit werden. 

Dieses System soll dazu führen, dass für Nicht-EU-Länder Anreize zum Klimaschutz geschaffen werden. Der von der EU eingeführte CO2-Grenzausgleichsmechanismus kann einen Teil dazu beitragen, dass die Europäische Union in ihren Bestrebungen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes nicht allein gelassen wird. Es braucht globale Anstrengungen, um die Klimakrise zu bewältigen. Daher begrüßen wir Junge Liberale diesen Schritt. 

Gleichzeitig müssen verschiedene Vorbehalte im Hinblick auf die Wirkung und die Folgen der Richtlinie unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien geprüft werden:

  1. WTO-Kompatibilität: Die EU muss auch im laufenden Verfahren der graduellen Einführung des CO2-Grenzausgleiches sicherstellen, dass die Gefahr für Klagen vor dem Appellate Body der WTO auf ein Minimum reduziert wird. Die EU muss im Notfall die beschriebene Maßnahme als umweltpolitischer Natur rechtfertigen, um im Falle einer Klage auf den Artikel XX des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) verweisen zu können. Dieser sieht Ausnahmen für Gesetze und Regulierungen von den Bestimmungen der WTO vor, sollten diese die Lebensgrundlagen von Mensch, Tier und Umwelt schützen. 
  2. Keine Überladung durch Bürokratie: Bis 2025 sind ausländische Importeure dazu verpflichtet, über ihre eigenen Emissionen, die in ihre Importe eingebettet sind, zu berichten. Wir fordern die EU dazu auf, dafür zu sorgen, dass kein Bürokratiestau durch die Einführung des Grenzausgleiches entsteht. 
  3. Temporäre Befreiung von Least Developed Countries (LDCs): LDCs tragen eine historisch äußerst geringe Verantwortung für den rasch voranschreitenden Klimawandel und sind doch seine größten Leittragenden. Bis es gelungen ist, dass LDCs in fairer und nachhaltiger Weise ihre eigene Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität transformieren, sollen diese partiell von den Pflichten des CO2-Grenzausgleichs ausgenommen werden. Klimaschutz in der EU darf nicht zulasten der am wenigsten entwickelten Länder des globalen Südens erfolgen. 
  4. Ausweitung des CO2-Grenzausgleichmechanismus: Übereinstimmend mit der Beschlusslage der Jungen Liberalen hinsichtlich der Ausweitung des EU-ETS auf alle wirtschaftlichen Sektoren bzw. der Zusammenlegung der Handelssysteme EU-ETS 1 und EU-ETS 2, fordern wir, den CO2-Grenzausgleichmechanismus schrittweise auf weitere wirtschaftliche Sektoren auszuweiten. Bisher sind nur Industrien in den CO2-Grenzausgleich inkludiert, die als emissionsintensiv eingestuft und in großer Weise globalen Handelsdynamiken ausgesetzt sind. Zudem sollten neben direkten auch indirekte Emissionen, die in Importen eingebettet sind, berücksichtigt werden.

Die europäischen Klimaschutzambitionen erreichen dieses Jahrzehnt einen Scheideweg. Mit der Einführung des CO2-Grenzausgleichmechanismus unterstreicht die Europäische Union die Wichtigkeit globaler Anstrengungen für mehr Klimaschutz. Der CO2-Grenzausgleich kann für mehr Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung hinsichtlich weitreichender Klimaschutzprojekte sorgen. Als Junge Liberale Niedersachsen begrüßen wir daher seine Einführung. 

Sunset-Klausel: 5 Jahre

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